Montag, Oktober 25, 2004

Von kleinen pelzigen Dingen, ...

... die unter dem Bett herumlungern und des Nachts ins Bett gekrabbelt kommen zum Kuscheln. Als Vorwarnung: Solltet ihr über schwache Nerven, einen nervösen Magen oder Herzkrankheiten leiden, lest nicht weiter. Ihr wurdet gewarnt, also verschont mich mit bösen e-mails.

Es trug sich heute zu, daß ich voller Erstaunen einen hektisch mit Müllsäcken herum wedelnden S.D. (mit Sicherheit werd ich hier keine Namen verwenden ...) in seinem Zimmer sah und von der Neugier gepackt näher schlich. Fehler, fataler Fehler. Noch folgenschwerer war die erstaunte Frage, was er denn da treiben würde. "Aufräumen". Aha, man stelle sich auf den Müllberg in seinem Zimmer, wedel mit Müllsäcken und nenne es dann Aufräumen. Auch gut. "Ich weiß nicht wo ich anfangen soll," klang es mir verzweifelt entgegen. "Ich würd als erstes mal das Fenster aufmachen," entgegnete ich und stiefelte vorsichtig quer durchs Zimmer um zu demonstrieren, daß der Griff daran kein Deko-Element ist. "Kannst du mir nicht helfen?"

Damit hatte ich mein Schicksal für den Nachmittag besiegelt. Manchmal hab selbst ich sarkastisches Miststück ein weiches Herz und dieser arme, verlorene Mensch auf seinem Müllberg rührte mich. Und sooo schlimm sah es ja nicht aus - dabei hätte ich es eigentlich besser wissen sollen. So begann ich also friedlich damit, Müll in Papiersäcke zu schaufeln während auf Viva ein Depeche Mode Special lief.

Während ich so Müll schaufelte und nebenbei das Aufräumen erklärte, ignorierte ich sehr ausdauernd das Geächze und Gestöhne ala "das nimmt ja gar kein Ende" .... "Wenn du wüßtest, das ist ja noch harmlos hier ..." dachte ich mir und ließ meine Gedanken ein paar Monate zurück schweifen.

Genauer gesagt zu einem Tag im Juli, als ich nichtsahnend auf dem Balkon saß und die Sonne mir auf den Bauch schien. Plötzlich wurde die Stille gestört. "Kannst du mir einen Gefallen tun?" schallte es in meine Phantasiewelt, in der ich gerade an einem weißen Strand lag und die Sonne genoß. "Huh? Was denn?" fragte ich desorientiert zurück. Nicht schön, wenn man gerade von schönen Männern träumt und von besagtem S.D. mit einer solchen Frage unsanft in die Realität zurück gerissen wird. "Hmm, naja, also ..." druckste der Mensch herum. "Sach schon, wat willste?" ich wollte unbedingt wieder an meinen Traumstrand und zu den schönen Männer zurück. "Naja, ich hab mir gedacht, ich geb dir Geld und du könntest dafür bei mir aufräumen?" Es stand immer noch verlegen da und diese Frage war eindeutig keine akustische Halluzination. "Wie meinen? Ich. bei. dir. aufräumen? Kommt deine Mama oder was?" nicht nett, ich weiß ... "Nee, aber irgendwie riecht es da komisch und naja, sieht halt scheiße aus ..." antwortete es zögerlich. Man beachte meine erstaunliche Selbstbeherrschung, ich bin nicht vor Lachen vom Balkon gekullert ... Das war eindeutig die Untertreibung des Jahres.

Da ich ohnehin nicht wirklich irgendwas Wichtiges vor hatte und mir dachte "Na gut, was solls ... Jeder Mensch sollte wenigstens einmal in einem sauberen Zimmer schlafen, daß sich nicht in einem Hotel befindet" willigte ich ein. Was zur Folge hatte, daß ich am nächsten Vormittag mit Wischlappen, Putzzeug, Staubsauger, Müllsäcken und was frau noch so braucht bewaffnet in der Tür des zu säubernden Zimmers stand und mich fragte "Wie in aller Welt kann man dazu eigentlich ja sagen?" Leider keine Digitalkamera zur Hand gehabt, drastischere Vorher-Nachher-Fotos eines Wohnraums wären bestimmt schwer zu finden gewesen.

Der Fußboden war nicht mehr zu sehen, er ertrank unter leeren Cola-Flaschen, Pizzakartons, haufenweise zerknüllter Taschentücher, dreckigen Socken, wichtigen und weniger wichtigen Papieren, DVD's, Videos, Playboys, Fernsehzeitschriften und was man sich noch vorstellen kann (oder besser nicht). Etwas fassungslos riß ich als erstes das Fenster auf, der Müllhaufen strömte einen etwas strengen Geruch aus, und überlegte dann, wo zur Hölle ich hier anfangen sollte? Kurzerhand nahm ich den Besen und schob den ganzen Kram in eine Ecke. Er kam auch Gott sei Dank nicht zurück gekrabbelt.

Mitleidig beobachtet von zwei Spinnen, die in ihren verstaubten Netzen saßen, fing ich also an zu sortieren. Müll wie schimmelige Pizzakartons, plattgetretene Tüten mit Pizzabrötchen, bergeweise benutzte Taschentücher (dabei war S.D. gar nicht erkältet ...), Zigarettenkippen inklusive Schachteln, Buttermilchdosen, MacDreck Verpackungen mit braun-grünem Fell innendrin und so weiter und so fort in den Sack, Pfandflaschen in diesen Sack, Klamotten nach rechts, wichtige Papiere nach links und sonstiger Krempel vor den Fernseher. Drei Stunden, vier pralle Müllsacke und 100 Pfandflaschen später war ich wenigstens schon einmal so weit, den Müll rausschaffen zu können. Besser sah es dennoch nicht wirklich aus. Bett abziehen und zum Lüften auf den Balkon bringen, Papiere in einen großen leeren Pappkarton sortieren, Schränke abwischen, Kleiderschrank auswischen und die von seiner Mama liebevoll gewaschene Wäsche zusammenlegen und ordentlich einsortieren, einen Platz für die Playboy-, FHM-, Men's Health und Matador-Sammlung finden, Krimskram sortieren und in die saubergemachten Schränke einräumen, Wollmäuse in der Größe von Kanalratten fangen, kilometerlange Spinnweben von den Wänden und Decken fegen hat mich dann noch zwei Stunden gekostet ...

Wer dachte, es wäre ein Ende abzusehen, weit gefehlt. Ich dachte mir, gut, die Matratze kann mal vom Bett, dann saugen wir die mal ab ... Ich hätte es lassen sollen, unter dem Bett erwischte selbst mich das Grauen. Noch mehr Taschentücher, Pfandflaschen, Kartons und Pizzabrötchen mit denen man Löcher in die Wand hätte schießen können. Also noch ein Müllsack (Nummer fünf wohlgemerkt!) und wieder Müll geschaufelt. Teilweise sah der Kram aus, als würde er da schon ein halbes Jahr liegen. Ging alles noch, war alles noch mit meinem Magen vereinbar.

Bis ich das "Objekt" fand. Es war rund. Die untere Hälfte aus weißem Styropor, abgedeckt mit einer Plastikhaube. Die undefinierbare Masse darin schillerte von weißlich-grün bis kackbraun. Es war mir unheimlich und selbst die Spinnen verzogen sich seinem Anblick. Hatte ich das Ergebns eines fehlgeschlagenen Experiments vor mir, unter dem Bett intelligentes Leben zu züchten? Ratlos schaute ich darauf und versuchte auszumachen, worum es sich hier mal gehandelt haben könnte. Ich stubste es vorsichtig mit dem Fuß an. Keine erkennbare Reaktion. Es könnte sich dabei um einen Salat mit Käseröllchen gehandelt haben rätselte ich. Ich war kurz davor, das pelzige Ding in Plastik zu fragen "Ja, wer bist duuu denn?" Ich hatte Angst, es würde mir tatsächlich antworten ... Also packte ich das "Objekt" mit spitzen Fingern trotz Handschuhen, es hätte ja beißen können, beförderte es in den Müllsack und widerstand gerade eben dem unbändigem Drang, wild auf dem Müllsack herumzuspringen um ja sicherzustellen, daß das "Objekt" nicht wieder hervorgekrabbelt kam. Ich hätte mit unkontrolliertem Gehoppse nachher nur den Plastikdeckel beschädigt und somit den Geruch freigesetzt. Ich entschloß mich dafür, den Sack zu zu knoten. Fünffach. Und tief in der Mülltonne zu vergraben - es ist ein weiter Weg vom Keller bis in den vierten Stock für ein kleines pelziges Ding ... Wir haben es auch nicht wieder gesehen ...

Noch ein bißchen Krimskrams in Schränke räumen, Betten beziehen, Staubwischen, Fenster putzen und dann die Flut von DVD's sortieren. Beim Sortieren fiel mir auf, der Gute besaß eine ziemlich große DVD-Sammlung an Pornos ... die ich auch brav alle wieder in ihre Hüllen sortierte, bis es mir wie Schuppen von den Augen fiel. Aaaaaaaargh, die Taschentücher, die ich gerade so beherzt in den Müll verbannt hatte, hatten wahrscheinlich viel in ihrem kurzen Leben gesehen. Eine verschnupfte Nase wird sich kaum darunter befunden haben.

Komisch, als ich endlich, endlich fertig war und keiner das Zimmer mehr wieder erkannte (ich glaube heute noch, alles in den Container kloppen und Zimmer neu einrichten wäre schneller gegangen), flüchtete ich unter die Dusche. Ich hatte das heftige Verlangen, heiß und ausgiebig zu duschen ... Woher das wohl kam? Acht, neun Stunden Hardcore aufräumen hinterlassen auch bei mir ihre Spuren und so schlief ich selig, als S.D. von der Arbeit nach Hause kam. War gesünder für ihn. Fairerweise muß man sagen, er hat sich nicht lumpen lassen. Sollte er mir, nachdem ich ihm heute mal wieder geholfen habe, allerdings noch einmal einen Vortrag über Ordnung und Sauberkeit halten, dann werde ich es mir sparen, hektisch aufzuspringen und mindestens einen, besser zwei Kilometer, zwischen ihn und mich zu bringen bevor ich in Gelächter ausbreche, daß Tote erwecken könnte.

Mädels, sollte Euch jemals jemand darum bitten, bei einem männlichen Wesen aufzuräumen, macht den PC an, kommt her und lest ... Und dann dreht Euch um und sagt laut aber bestimmt "Nein". Glaubt mir, es gibt Dinge, die Ihr über Männer einfach nicht wissen wollt ... Ich habe das Grauen gesehen, das dort lauern kann und habe es überlebt, um Euch davor warnen zu können ... Vertraut mir, es ist schrecklicher als diese Worte vermuten lassen ;) Und jetzt entschuldigt mich, ich werde nach einer Selbsthilfegruppe für masochistisch gestörte Menschen im Ruhrpott suchen, die mir vielleicht die Frage beantworten können, warum zur Hölle ich mich auf sowas einlasse ...

3 Wolfsspur(en):

Blogger Mirtana meint dazu ...

Jau, ich glaube das kennt jeder der mal 'ne WG betreten hat ;) Man muß ja nicht gleich so lebensmüde sein und anderer Leute Zimmer für Geld aufräumen *grins*

5:46 PM  
Anonymous Anonym meint dazu ...

Hiiiiilfe,

es klingt ganz, als ob Du gute Nerven hättest. Ich wäre schon sehr früh geflüchtet. Ich bin da eher zaghaft.

Gruß,
Karin
http://www.myblog.de/schlangenbaum

11:00 PM  
Blogger Mirtana meint dazu ...

Jau, der typisch rheinische Gemütsmensch: durch nix zu erschüttern ;) Nicht einmal Plumpsklos in Rußland konnten mich das Fürchten lehren ;)

12:26 AM  

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