Mittwoch, Januar 05, 2005

Nutze mich

Ich bin der Wind, der sanft mit deinen Haaren spielt und deine Haut kühlt an einem warmen Sommerabend. Ich gebe dir Energie und ich spiele mit den Drachen deiner Kinder. Ich erzähle dir sanft Geschichten und wecke in dir Sehnsucht nach fernen Orten, die ich gesehen habe. Ich kann dein Freund sein und dir unendliche Weisheit schenken. Ich kann aber auch dein Haus zerstören mit unendlicher Kraft. Ich kann wild das Land verwüsten und dich Demut lehren. Nutze mich, aber begehe nie den Fehler zu glauben, du habest mich gezähmt – denn ich bin der Wind.

Ich bin das Wasser, das dich reinigt und ernährt. Ich kühle deine Füße nach einem langen Marsch und deine Kinder spielen in meinen Wellen am Strand. Ich bin der Regen der im Sommer herrlich warm vom Himmel fällt. Ich gebe Dir die Fische aus meinen Flüssen, Seen und Meeren und ich schenke dir meine Kraft. Ich kann aber auch zur Flut werden und die sanft murmelnden Flüsse zu reißenden Ungeheuern werden lassen. Ich kann unbeherrscht über dich hereinbrechen und dich Angst lehren. Nutze mich, aber begehe nie den Fehler zu glauben, du habest mich gezähmt – denn ich bin das Wasser.

Ich bin die Erde, auf der du gehst und stehst. Ich behüte dein Gemüse und dein Obst und lasse es wachsen und gedeihen. Ich ernähre dich und deine Kinder bauen in meinen Wäldern geheime Verstecke. Ich habe unendlich viele Gesichter und bin doch nur der Kreislauf von Werden und Vergehen. Ich kann dir vom Rad des Lebens erzählen. Ich kann aber auch beben und dich in deinen Grundfesten erschüttern. Ich kann dir den Halt entziehen und dich unter mir begraben. Nutze mich, aber begehe nie den Fehler zu glauben, du habest mich gezähmt – denn ich bin die Erde.

Ich bin das Feuer, das leise knisternd deine Unterhaltung untermalt. Ich bin die Flamme, die sanft dein Heim erleuchtet an einem kalten Winterabend. Ich bin die Glut in deinem Kamin an dem du dich wärmst. Ich bin der Funken an dem deine Kinder ihre Silvesterkracher entzünden. Ich schenke dir meine Wärme und ich verändere mich stetig, so wie ich verändere, was ich verzehre. Ich kann aber auch zur tosenden Hölle werden, die dich zu Asche verwandelt. Ich kann dich mit hoch lodernden Flammen Respekt lehren. Nutze mich, aber begehe nie den Fehler zu glauben, du habest mich gezähmt – denn ich bin das Feuer.

© Mirtana, Januar 2005