Sonntag, Juli 17, 2005

Die dunkle Gasse

Schön war es gestern. Wir saßen zu acht im Biergarten, vier Männlein, vier Weiblein, und es tat gut, sich mal wieder mit Menschen zu unterhalten, die mich nicht ständig in die komplizierten Spielchen ziehen wollen, die sie mit ihrem Partner veranstalten. Als es allmählich dunkel wurde, streiften wir kurz das Gesprächsthema "Als Frau Nachts unterwegs zu sein" und ich war erstaunt, daß die drei anderen Mädels ungern Nachts unterwegs sind weil sie Angst haben. Für mich ist das nur eingeschränkt nachvollziehbar, allerdings stand mir nicht der Sinn danach, breit darüber zu diskutieren, warum das so ist.

Ich streite auch nicht ab, das es Überfälle auf Frauen gibt und die zum großen Teil irgendwo stattfinden, wo es nicht gerade hell ist und wo einen entweder niemand hören kann oder aber hören will. Als ich nach Hause kam, mir noch einen Tee machte und durchs Fernsehprogramm zappte, blieb ich bei der Anfangsszene eines dieser "Frauenmörder gegen smarten Bullen" Filme hängen (sry, ich hab den Titel vergessen). Ich denke, jeder kennt diese Anfangsszene. Eine hübsche junge Frau geht durch eine dunkle Gasse, ihr Gang ist unsicher, sie preßt ihre Handtasche an sich oder wühlt verzweifelt darin nach ihrem Pfefferspray, kein Mensch ist zu sehen und sobald sie ein verdächtiges Geräusch hört, versucht sie auf ihren hohen Schuhen zu rennen. Wir alle wissen, daß sie ohnehin nicht davon kommt, denn dann wäre der Film ja seinen Aufhänger los. Doch wie weit prägen einen solche Bilder und Nachrichten von sexueller Gewalt, die überall zu passieren scheint? Nähren sie die Angst, sich nach Anbruch der Nacht durch Parkhäuser, Parks, einsame Straßen, dunkle Treppenhäuser zu bewegen?

Wenn ich mal so an meine Jugend denke, ich hatte nie Angst im Dunkeln durch finstere Viertel, dunkle Parks oder schlecht beleuchtete Parkhäuser zu laufen. Ich habe nicht einmal darüber nachgedacht, ob mir vielleicht etwas passieren könnte. Wenn ich Nachts unterwegs bin, dann bewege ich mich vollkommen unbefangen. Ein oder zwei Mal habe ich auch in der Zeitung gelesen, daß in eben diesem Park, den ich die Nacht zuvor durchquert hatte, weil ich zu faul war, einen Umweg von zwei Kilometern zu laufen, eine Frau überfallen oder gar vergewaltigt wurde. Ich laufe aufrecht, ich zucke nicht bei jedem Geräusch zusammen, ich senke den Kopf nicht und ich schaue Menschen, die mir entgegen kommen, direkt an. Meine ganze Körpersprache scheint wohl zu signalisieren "Hey, ich bin aufmerksam, ich habe keine Angst und ich kann mich wehren". Mir ist aufgefallen, daß Männer, die mir Nachts begegnen, einen großen Bogen um mich machen.

Ich bin zuversichtlich, daß mir nichts passieren wird, egal ob die Straße in einem "finsteren" Viertel liegt, das Parkhaus schlecht beleuchtet ist oder der Park dunkel ist. Gut, wenn mir jemand ein Messer oder eine Pistole unter die Nase hält, dann bleibt mir auch nichts anderes übrig, als zu tun was von mir verlangt wird. Doch wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit auf Deutschlands Straßen dafür? Ich lasse mir die Nacht nicht nehmen, ich gehe gerne Nachts spazieren (gerade im Sommer) und sehe nicht ein, warum ich das lassen sollte, nur weil ich nun einmal eine Person weiblichen Geschlechts bin.


3 Wolfsspur(en):

Blogger robby_black meint dazu ...

Was mir nachst eher Angst macht sind Spukgespenster, Untote und Dämonen.
Aber die Frage ist schon berechtigt: Warum sind Gespenster NUR nachts unterwegs?? Das ist doch auch nur ein Klischee, welches von der Fernsehindustrie geprägt wurde. Sell' Dir mal 'nen Horrorfilm auf einem sonnigen Beachstrand in Jamaica vor. Der halbe Horror wäre ja weg, und so sieht es auch mit den ewig gleichen Kriminalfilmen aus. *g*

9:45 AM  
Blogger Mirtana meint dazu ...

Hmm, ich bezog mich eigentlich nicht auf die Filme an sich, sondern frage mich eigentlich, inwiefern solche Filme (und auch Medienberichte) im Bewußtsein hängen bleiben.

Die Angst vor der Dunkelheit mag wirklich eine Urangst sein, aber wenn ich von bekannten Mädchen/Frauen höre, daß sie nie ohne Pfefferspray aus dem Haus gehen, dann frage ich mich wirklich, ob ich unnormal bin weil ich keine Angst habe, wer oder was mir im Dunkeln begegnen könnte.

Meiner Meinung nach macht die Haltung sehr viel aus. Wenn ich verhuscht, mit hängenden Schultern, gesenktem Kopf durch die Gegend laufe und mich an meiner Handtasche festhalte, dann sehe ich wohl eher angreifbar aus als wenn ich aufgerichtet gehe und den mir entgegen kommenden fest in die Augen schaue. Oder nicht? Angst wird durch Körpersprache ausgedrückt und wir erkennen alle Angst. Fordert also Angst nicht auch Angriff heraus?

5:02 PM  
Blogger robby_black meint dazu ...

Am sichersten fühle ich mich nachts im Wald, fernab aller Zivilisation.
Die Haltung macht aber auch viel aus. Und dort, wo der Mob sich zusammenrottet, passiert die meiste Kacke.

Die Urängste spiele da auch mit. Und in Sachen "Angst" verhält es sich wie mit Tieren. Wenn man also "Hunden" zeigt, daß man Angst hat, so spüren das die "Hunde", und wenn man anfängt zu rennen, dann rennen die "Hunde" nur aus Instinkt hinter her.

8:43 AM  

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