Sonntag, Juli 10, 2005

Die inneren Werte?

"Die drei Grazien" von Peter Paul Rubens

Immer wieder taucht in Unterhaltungen und Diskussionen dieses abgegriffene und abgedroschene Schlagwort "aber es zählen doch die inneren Werte" auf. Und ich kann es nicht mehr hören, diesen Unterton von "Du bist zwar nicht unbedingt das schärfste, sexieste, schlankste, heißeste oder tollste Wesen unter der Sonne, aber ...". Es gibt kein Aber, so einfach ist das. Wenn man mir erklärt, daß ich dafür wenigstens äußerst sympathisch und intelligent bin, daß ich mich gut ausdrücken und man mit mir hervorragend diskutieren kann, daß ich eine überaus gute Beobachtungsgabe habe und man mit mir reden kann ohne ein Blatt vor den Mund nehmen zu müssen, dann ist das zwar sehr freundlich, es regt mich nichtsdestotrotz auf.

Manchmal hat es so Tage, da fühle ich mich als wäre ich wieder fünfzehn mit einem Herzen, das vor Freude bis zum Hals klopft, weil dieser oder jener Schwarm auf mich zu kommt, sich mit mir unterhält ... und das nur, um mich nach der Telefonnummer meiner besten Freundin zu fragen. An solchen Tagen könnte ich die Faust im Spiegel versenken, mich in mein Bett verkrümeln und selber bedauern. Dann habe ich den ganz irrationalen Wunsch, daß ich auch so hübsch und schön sein möchte wie all die Grazien aus dem Fernsehen. Daß mir jemand auf der Straße hinter her guckt und pfeift und nicht nur damit beschäftigt ist, sich auszurechnen wieviele Bussitze meine Kehrseite in Anspruch nehmen könnte. Daß mir Shopping Spaß macht und ich nicht nach vier Stunden gefrustet und mit magerer Ausbeute nach Hause komme. Daß ich auf den ersten Blick andere anziehe und nicht immer erst wortreich beweisen muß, daß ich intelligent bin, meine Meinung verständlich zum Ausdruck bringen kann und irgendwie sympathisch rüber komme. Daß ich auch kurze, sexy Röcke anziehen kann ohne mir darin dämlich vor zu kommen.

Und das, obwohl mich die meisten anderen Frauen um meinen ungezwungenen Umgang mit dem anderen Geschlecht beneiden, meine langen, dicken Haare, die sich nie richtig glatt fönen lassen sondern auf ihre natürlichen Wellen bestehen, um mein Talent mit Worten umzugehen und meine blauen Augen. Doch auch das ist kein großer Trost an Tagen, wo ich mich mehr wie eine häßliche Ente fühle, aus der niemals ein großer, schöner, weißer Schwan wird. Dann gehen mir diese Menschen mit ihrem gut gemeinten Hinweis auf "die inneren Werte" auf die Nerven. Was soll das denn sein, diese "inneren Werte"? Die trösten mich auf alle Fälle nicht, wenn ich vom Einkaufen nach Hause komme, frustriert die magere Beute betrachte, mich über dimensioniert fühle und mich frage, seit wann XL so klein geworden ist. Es ist selten, daß mich diese Stimmung überfällt und daß ich der ständigen Berieselung, wie man denn so als fast perfekte Frau auszusehen hat, nachgebe. Weil ich es meistens gut ausblenden kann, daß es diese Ideale in Bezug auf Aussehen eben gibt. Nun, wenigstens kann ich auf hohem Niveau jammern ...


2 Wolfsspur(en):

Blogger abraxa meint dazu ...

*seuftz* wenn dann noch die hosen in übergrößen alle hochwasser ahebn ist es noch doppelt frustrierend. oder einfach auch nicht merh passen... *grummel*

12:25 AM  
Anonymous Anonym meint dazu ...

hallo abraxa und was soll ich sagen? Ich habe auch Übergröße und meine Hosen sind immer viel zu lang.

Ansonsten, ich bin wer ich bin. Meine Figur ist normal, hab ich beschlossen, basta, den Luxus gönne ich mir schon lange und erst recht mit 51, endlich aufhören wer anders sein zu wollen.

11:34 AM  

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