Freitag, Juli 01, 2005

Etwas fehlt

Ich habe mir einen komischen Rhythmus angewöhnt ... Ich schlafe drei Stunden tief und fest, bin drei Stunden wach und schlafe dann noch einmal drei, manchmal sogar vier Stunden. Warum das so ist? Keine Ahnung. Was ich dann mit meiner nächtlichen Freizeit anfange? Mal abgesehen davon, daß ich mehr oder weniger sinnige Blogeinträge verfasse? Kluge Bücher lesen, durchs Internet surfen auf der Suche nach philosophischen Texten, wach liegen und mich fragen, was mir genau im Moment eigentlich fehlt.

Woran es mir keineswegs fehlt, daß sind Menschen, die mich zu ihrer kostenlosen Therapeutin erkoren haben. Ich kann mich verstecken, wo ich will - abschütteln kann ich sie nicht wirklich. Menschen, die jemanden brauchen, der ihnen zuhört, Mut zuspricht, eine Schulter zum Ausweinen hat, dem man seine Entscheidungen aufbürden möchte und der einen stattdessen daran erinnert, daß man bereits alles erforderliche hat, um sie selber zu treffen. Menschen, die nicht wissen, wohin mit sich und ihrer Freizeit, die verlernt haben, alleine sein zu können, die manchmal jemanden brauchen, der ihnen ins Gewissen redet. Ich hab diese Menschen gern und es stört mich nicht, mir ihre Probleme anzuhören. Zu unterscheiden, was ist deren Problem und wo liegen meine eigenen Ängste und Sorgen, verschafft mir die nötige Distanz, die ich brauche. Ich mache mir anderer Leute Probleme nicht zu meinen eigenen. Ich bin eben einfach da wenn man mich braucht. Wer mich sucht, der findet mich auch.

Doch manchmal habe ich diese Menschen satt. Dann möchte ich nicht dazu verdammt sein, zu zu hören und mir während dessen zu überlegen, was ich sage und wie ich es sage. Manchmal möchte ich irgendwo mit jemandem sitzen, in Ruhe Tee trinken und reden. Darüber, wie andere die Welt sehen, empfinden. Darüber, was sie im Leben für wichtig halten. Diskutieren über Themen, die mich zum Nachdenken anregen. Gespräche, aus denen ich etwas mitnehmen kann.

Austausch, das ist es, was mir fehlt. Menschen, die mir Zeit lassen, zu überdenken was sie gesagt haben bevor eine Antwort erwartet wird. Menschen, mit denen man über tiefgehende Dinge diskutieren kann. Die Menschen, mit denen ich das kann, sind nicht nur über ganz Deutschland, sogar über ganz Europa verteilt. Tirol, Schweden, England, Belgien ... Ich vermisse diese Menschen in meinem direkten Umfeld - mal mehr, mal weniger. Im Moment wohl etwas mehr. Alles, was bleibt, ist der Austausch über E-Mail, Chat und Telefon. Doch alleine dabei Tee trinken und die Tastatur quälen läßt eine Sehnsucht, die sich im Moment nicht stillen läßt.

Der Einzige in meinem direkten Umfeld bleibt der Herzallerliebste, aber er kann nur seinen Teil der Lücke füllen. Er ist nur eine andere Sicht von den vielen, die ich brauche. Er weiß das, ebenso wie er weiß, daß ich ab und zu das mit mir alleine sein brauche. Das es nicht böse gemeint ist, wenn ich seine Begleitung beim Spazieren gehen ablehne. Ich wünsche mir manchmal, ich könnte all die Menschen, die mit mir über Internet und Telefon kommunizieren, für einen Abend um mich versammeln. Klingt es arrogant, wenn ich mir einen Abend unter meinesgleichen wünsche?