Dienstag, Februar 22, 2005

Herz unter Eis

Gefühle auf blaues Eis gelegt,
Rauhreif übers Herz gefegt.
Nichts mehr davon spüren,
Dennoch den Takt leise hören.

Das Herz singt einen Namen,
Es kennt kein Erbarmen.
Immer und immer wieder,
Das Herz singt alte Lieder.

Weder warm noch heiß,
Das Herz liegt unter Eis.
Spürt den Schmerz nicht mehr,
Doch, es ist noch nicht leer.

Vergessen suchen in der Nacht,
In Dunkelheit, aus Samt gemacht.
Fern von diesem warmen Licht,
Feuer und Eis vertragen sich nicht.

Blaues Eis dämpft den Klang,
Doch ich hör seinen Gesang.
Immer und immer wieder,
Das Herz singt alte, warme Lieder.

© Mirtana, Februar 2005

Samstag, Februar 05, 2005

Der Lieblings-Rilke

~~ Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort ~~

Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort.
Sie sprechen alles so deutlich aus:
Und dieses heißt Hund und jenes heißt Haus,
und hier ist Beginn und das Ende ist dort.

Mich bangt auch ihr Sinn, ihr Spiel mit dem Spott,
sie wissen alles, was wird und war;
Kein Berg ist ihnen mehr wunderbar;
ihr Garten und Gut grenzt grade an Gott.

Ich will immer warnen und wehren: Bleibt fern.
Die Dinge singen hör ich so gern.
Ihr rührt sie an: sie sind starr und stumm.
Ihr bringt mir alle die Dinge um.

~ Rainer Maria Rilke ~

Mein Liebling von Rilke. Diese paar Zeilen lösen in mir immer dasselbe Bedürfnis aus, welches anscheindend die Streber in der ersten Reihe, die dem Pauker immer ihre schnipsenden Finger entgegen schleuderten und dabei "ich weiß es, ich weiß es" kieksten, auch immer gehabt hatten. It's touching me - und ich finde noch nicht mal Worte, um auszudrücken, wie und wo und warum und überhaupt das so ist.

Manchmal habe ich das, egal was ich lese - Gedichte, Kurzgeschichten, Texte zum Nachdenken, Zitate ... Dieses Gefühl, daß es irgendwo hörbar "Klick" macht und ich in meiner inneren Welt neben dem Autor stehen, ihm sanft auf die Schulter klopfen und sagen könnte: "Yepp, ich weiß genau, was Du sagen willst ..." Trotzdem, diese "Erkenntnis" läßt sich von mir einfach schlecht bis gar nicht in Worte fassen, sie ist einfach da, sitzt auf ihrem Sockel und grinst mich frech an. Gibt es für die Ebene hinter den Worten, die man dort liest, überhaupt noch Worte? Sprache ist etwas faszinierendes. Man kann mit Worten viel transportieren und trotzdem redet man aneinander vorbei.

Kaum gehen einem die Worte aus, macht sich ungemütliches Schweigen breit und man sieht sich genötigt, dieses Schweigen mit Worten wieder aufzufüllen. Mit wem kann man schon schweigen und sich trotzdem verstehen? Wissen, was im anderen vorgeht? Wo Gesten und Blicke mehr Bedeutung transportieren als alle Worte, die man wählen würde. Wer kennt sie nicht, diese Zeitgenossen, die ein Talent dafür haben, im falschen Augenblick den Mund zu öffnen und irgend etwas belangloses zu sagen? Die Schweigen als etwas negatives, ungemütliches empfinden und dabei ganz übersehen, was ihnen nonverbal mitgeteilt wird. Nicht nur Sprechen ist eine Kunst. Zu wissen, wann Worte überflüssig sind, ist ebenfalls eine Wissenschaft für sich.

Schön, wenn man auch mal nicht erklären muß, warum und wieso aneinander gereihte Worte etwas auslösen, bewegen, berühren. Ab und an trifft man auf Menschen, denen es ähnlich zu gehen scheint oder bei denen ähnliches passiert. Oder die vielleicht einfach nur den gleichen Literaturgeschmack haben wie man selber ;) ... Lieblings-Gedichte oder Texte verraten mir viel über die Person, mit der ich zu tun habe ... In diesem Sinne: Gebt mir Eure Lieblings-Lyrik oder Prosa, ich bin neugierig ...