Freitag, Juli 29, 2005

Menschen sind schon komisch

Hab ich mir heute gedacht. Ganz abgesehen davon, daß ich allmählich das dringende Bedürfnis habe, einmal mit einer schrecklich böse aussehenden Waffe durch die Kanzlei Seiler und Kollegen in Heidelberg zu laufen und die so genannten Sachbearbeiter dazu zu bringen, ihren Kaffee zu verschütten, den sie wohl trinken während sie wohl hämisch kichernd ihre Anrufer erst an den "richtigen" Kollegen verbinden, der einen dann wieder genauso hämisch kichernd aus der Leitung wirft. Oder sie sitzen alle um den Anrufbeantworter herum und freuen sich einen Keks, wenn wieder ein Depp anruft und zu hören bekommt: "Guten Tag, Sie sind mit der Rechtsanwaltskanzlei Seiler und Kollegen verbunden (ach, sag an - ich hab nicht den Bundeskanzler angerufen? So was aber auch.). Im Moment können wir Ihren Anruf leider nicht persönlich entgegen nehmen, versuchen Sie es doch bitte zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal. Wir danken für Ihr Verständnis." Hmm, welches Verständnis bitte? Hab ich Verständnis für die Methoden, die Seiler und Kollegen anwenden? Und ich spreche hier jetzt nicht davon, daß Seiler und Kollegen nicht nur eine Anwaltskanzlei sind, sondern gleichzeitig unter gleicher Firmierung wohl auch noch ein Inkasso-Büro betreiben ... Einmal steht in ihren Schreiben "Anwaltskosten" laut Gesetz Blabla und dann wieder nur "Kosten" - der kleine, aber feine Unterschied zeigt sich in der Summe dahinter, die bei letzt genanntem seltsamerweise wesentlich höher ist ... Nun denn, mehr als es versuchen kann ich nicht, schließlich ist es nicht mein Problem und wenn ich es nicht lösen kann, dann geht es eben nicht.

Irgendwann habe ich mal ein englisches Blog mit der Überschrift "Why my room-mate pisses me off today" gefunden (auf Deutsch "Warum mein Mitbewohner mich heute ankotzt"). Das wär doch mal eine Unterkategorie für mich gewesen ... Gut, "angekotzt" haben sie mich die letzten zwei Tage nicht, hochgradig amüsiert dagegen eher. Ich bin manchmal auch recht weltfremd oder vertrete weltfremde Einstellungen, aber Karsten und Torsten toppen mich da um Längen. Ich sitze Dienstag am Rechner, höre Musik über Lautsprecher und bin recht erstaunt, als auf einmal Torsten (inklusive Michaela und Carina ...) in mein Blickfeld gerät. Denn eigentlich sollte der noch in Mecklenburg-Vorpommern sein, mit seinen Eltern auf Urlaub bei der Oma. Oder so ähnlich. In meine Live Ireland verwöhnten Ohren (tolle Übertragung von einem Folk Festival übrigens) tropft dann die Erklärung "Carina hat mich abgeholt, weil ich sie so vermißt habe." Aha, deswegen sitzt er auch mit großen Augen vor dem Rechner und seine Finger trommeln ungeduldig auf der Lehne seines Sessels herum. So genau hab ich nicht hingesehen, aber ich könnte schwören, daß ihm fast Sabber aus dem Mundwinkel gelaufen ist während Carina beleidigt hinter ihm saß und Michaela fast das Rollo aus der Verankerung riß, weil sich mit herunter gelassenem Rollo die Balkontür nicht öffnen läßt.

Sehr nett auch folgende Aussage: "Meine Eltern wollen mich übrigens unterstützen, ich will jetzt mein Abitur nach machen". So etwas sagt man doch bitte nicht, wenn ich gerade meine Schnute in meiner Teetasse versenkt habe. Gut, wenigstens konnte ich meinen akuten Lachanfall dezent mit einem Hüsteln, welches gleichzeitig den Tee aus meiner Luftröhre beförderte, überdecken und es hat mich auch keiner mißtrauisch angeguckt. Da bin ich ja mal gespannt. Gönnen tue ich es ihm, daß er endlich mal die Kurve schafft. Allerdings habe ich da starke Zweifel, daß er das schafft, wenn seine Eltern da mit mischen und ständig Druck auf ihn ausüben. Dann gäbe es da noch seinen Rechner, Abitur nach machen heißt nicht vormittags in die Schule gehen und Nachmittags bis spät Abends vor dem Rechner hängen können - daran ist schließlich auch schon seine letzte Umschulung (die wievielte war das eigentlich genau?) gescheitert. Fachabitur heißt den Stoff, der normalerweise in drei Jahren gelehrt wird, in einem Jahr zu lernen. Er schafft das schon, meint er ... Und trommelt weiterhin nervös mit den Fingern auf der Lehne herum bis endlich die Charakter-Auswahl bei World of Warcraft geladen ist.

Lauthals in Lachen ausgebrochen bin ich allerdings, als Karsten heute verkündete, er würde für circa tausend Euro netto nicht arbeiten gehen. Vor knapp zwei Wochen rief ihn eine Firma an, für die er vor Jahren mal gearbeitet hatte. Sie hätten seine Personalakte noch im Bestand und würden im Moment einen gelernten Installateur suchen. Wir leben hier in einer Stadt, die zu den Rekordhaltern in Sachen Arbeitslosigkeit gehört (fast zwanzig Prozent Arbeitslose ...) und da ruft ihn jemand an und bietet ihm einen Job an. Gut, es ist Zeitarbeit, aber wer weiß, da bieten sich oft Chancen vielleicht von einem Betrieb übernommen zu werden bei höherem Gehalt. Und dann kommt er damit, für tausend Euro bräuchte er ja auch gar nicht arbeiten gehen, er würde ja jetzt auch neunhundert bekommen ohne etwas dafür zu tun, er will mindestens tausenddreihundert netto haben. Entschuldigung, darf ich da bitte das kalte Kotzen kriegen? Wann passiert das bitte, daß man angerufen wird und ein Job-Angebot bekommt ohne sich vorher beworben zu haben (was er übrigens auch nicht tut - wofür auch, er kriegt ja Geld)? Ich wünsche Dir viel Spaß wenn im Dezember Dein ALG I ausläuft und Du mit 345 € ALG II pro Monat zurecht kommen mußt, wo Du nicht einmal Deine neunhundert unter Kontrolle hast ... Zur Erinnerung, soviel haben der Herzallerliebste und ich diesen Monat zusammen gehabt und sind prima damit zurecht gekommen. Wenn nämlich Dein Stiefvater nicht wieder einen Job für Dich aus dem Hut zaubert, wirst Du wohl nicht wirklich wieder in Lohn und Brot kommen.

Dafür schmollt er jetzt auch ganz ausdrücklich und vor allen Dingen laut - schade nur, daß ich Kopfhörer auf habe und die extra hochgedrehten Lautsprecher, aus denen World of Warcraft Wuutsch, Wiiiitsch und Plietsch tönt, überhaupt nicht höre. Da konnte ich nur lachen und ja, ich hab ihn aus- und nicht etwa angelacht. Wenn er die letzten sechs Monate mal in Stellenanzeigen geschaut hätte, dann wäre ihm wahrscheinlich auch aufgefallen, daß Jobs als Produktionshelfer etc. auch nicht mehr wirklich reichlich gesät sind. Eintausenddreihundert Euro als ungelernte Kraft sind einfach utopisch, selbst wenn man Schichtarbeit macht ... Da gibt es Dutzende von anderen, die für weniger arbeiten. Dann aber auf dem Hintern sitzen, den ganzen Tag WoW spielen und über unfähige Politiker und die schlechte Lage auf dem Arbeitsmarkt mosern.

Das mir vor lauter Kopfschütteln angesichts solcher Weltfremdheit nicht die Rübe von den Schultern gekullert ist, wundert mich immer noch. Wir haben fünf Millionen Arbeitslose, da wird einem niemand hinterherlaufen und betteln, daß man für ihn arbeitet. Zeit zum Aufwachen ... Gott sei Dank ist es nicht mein böses Erwachen.

Dienstag, Juli 26, 2005

Wie lange noch?

Wie lange noch dauern die Sommerferien in NRW bitte? Damit ich weiß, wann das Wetter wieder schön wird. Links die Wetteraussichten für die nächsten drei Tage - wobei leichter Regen bitte mit Sintflut und wolkig mit Dauerregen übersetzt werden darf. Da stand heute nämlich auch etwas von "Nieselregen" und das Gewitter samt Sturzflut, welches dank offener Balkontür unser Wohnzimmer in eine rutschige Modderbahn (ich putze hier nicht mehr, wofür auch) zu verwandeln suchte, haben sie sehr dezent unterschlagen. Nun ist erstmal alles draußen richtig schön durchgeweicht (Fliesen weichen nicht, höchstens der Schmutz auf ihnen) und pitschnaß und damit hat mir Petrus meine geplanten Draußen-Aktivitäten vorerst gründlich verdorben.

Was meine ohnehin gereizte Grundstimmung nicht gerade verbessert. Nachdem ich Karsten nun zum wiederholten Male ergebnislos darauf hingewiesen habe, daß ich a) weiß, was ich tue, und b) er sich auch selber um sein Telekom Puzzle kümmern kann wenn er so gut Bescheid weiß, bin ich kurz davor, die Ohren auf Durchzug zu stellen. Kein gutes Zeichen. Wenigstens habe ich es mir verkneifen können, ihm eine Gebrauchsanweisung für Duschgel und Deodorant zu schreiben. Sparen ist ja schön und gut, aber wenn die Umwelt anfängt, die Nase zu rümpfen, dann sollte man sich Gedanken machen ... Wenn meine Augen beginnen, in einem unheilvollen Stahlgrau zu funkeln, ebenfalls. Manchen Menschen darf man wirklich nicht den kleinen Finger reichen und in meinem nächsten Leben möchte ich Arschloch werden, damit ich die Leute ohne Bedenken in ihrer selbst fabrizierten Scheiße sitzen lassen kann - vor allem, wenn sie anfangen, andere (in dem Fall meine bessere Hälfte) mit in die Verantwortung ziehen zu wollen. Also bitte, was können andere dafür, wenn er gerichtliche Mahnbescheide unbeachtet in die Ecke pflastert? Die kommen meistens nicht auf der Suche nach einem kuscheligen Platz in der Schublade, wo sie ungelesen ein geheimes Dasein fristen können, in den Postkasten geflattert.

Abgrenzen und (ausdrückliches) Nein sagen auf die To-do-Liste geschrieben. Denn was ist bitte so schwer daran, jemanden mit Respekt zu behandeln? Schließlich bin ich keine persönliche Sekretärin, sondern seine Mitbewohnerin mit anscheinend ein paar aktiven Gehirnzellen mehr als er. Ach, tut das gut, mal wieder unbeschwert fies sein zu dürfen ...

Schon seit Tagen bin ich damit beschäftigt, eine Art Aufzählung der Dinge, die ich ganz und gar nicht mitnehmen will in die neue Wohnung, aufzustellen - wie z.B. dicke Rauchschwaden im Wohnzimmer, die einem die Luft nehmen (in der neuen Wohnung wird nur noch am Fenster im Flur geraucht, wenn überhaupt). Eigentlich hatte ich extra dafür einen Abend in freier Wildbahn eingeplant, um diese dann rituell einer Kerzenflamme zu übereignen. So im Rahmen eines "Auf Wiedersehen und danke für den Fisch" Rituals. Naß genug ist es ja, daß ich dabei unter Garantie nicht gleich den halben Wald mit abfackeln kann. Genauer gesagt, so naß, daß ich auf meiner Lieblingslichtung auch gleich eine Art Wattwanderung ohne Wattwürmer hätte veranstalten können als ich den Ort heute am späten Nachmittag begutachten ging. Mal schauen, wie weit es die nächsten Tage trocken bleibt und ich einen Ort finde, wo ich keinen nassen Hintern beim meditieren bekomme. Hier im Wohnzimmer käme Räuchern und Papier verbrennen bei gleichzeitiger "Stör mich jetzt nicht" Haltung wahrscheinlich nicht so gut - die Versuchung, Karsten in Brand zu stecken wäre mir einfach zu hoch ...

Ach nee, Kinners, wat freu'sch mich auf der Ruh, wat wir getz bald in de neue vier Wände ham ...

Dienstag, Juli 19, 2005

Die Frauen und ich

© Jessica Galbreth

Ich komme mit den meisten anderen Frauen/Mädchen nicht wirklich aus. Während meiner Schulzeit hielt sich das noch in Grenzen, doch je älter ich werde, desto schwerer fällt mir der Umgang mit meinen Geschlechtsgenossinnen. Mich ernsthaft gefragt, warum das so ist, habe ich mich nicht so wirklich. Ganz ehrlich gesagt, gehen mir die meisten Menschen weiblichen Geschlechts in meinem direkten Umfeld den größten Teil der Zeit auf die Nerven. Mit Männern komme ich dagegen viel besser zurecht. Mit denen kann ich über Themen wie Politik, Autos, Bücher, Kinofilme, Spiritalität, Religion und "Warum ist unsere Welt so, wie sie ist" diskutieren, ohne mir erst Themen aus den Fingern saugen zu müssen. Steckt man mich hingegen mit Frauen (die mich nicht schon über ein Jahrzehnt kennen) zusammen, dann sitze ich meist ruhig und schweigend daneben, höre nur mit einem Ohr zu und denke mir meinen Teil, weil mich entweder die Themen nicht interessieren oder ich genau weiß, daß ich mit meiner gegensätzlichen Meinung nur auf Unverständnis stoße.

Meine bessere Hälfte fragte mich vorgestern, warum ich denn so Probleme mit anderen Frauen habe. Ihm war wohl aufgefallen, daß ich immer die Flucht ergreife, wenn Carina mit ihrer Freundin Michaela hier auftaucht. Nun, ich kann mit den Beiden einfach nichts anfangen. Die Beiden lesen nicht das, was ich gerne lese, sie interessieren sich nicht für Mythen aus aller Herren Länder, sie gucken keine Nachrichten (bei Michaela frage ich mich immer, ob sie überhaupt weiß, was Nachrichten sind) oder lesen Zeitung, sie jammern mir die Ohren über Menstruationsbeschwerden voll, gerade Carina spielt ständig diese albernen "Ich mach dir ein schlechtes Gewissen weil du mich so schlecht behandelst" Spielchen mit Torsten (die mir ebenfalls unsäglich auf die Nerven gehen, ständig dieses Theater in der Bude) und außer Klamotten, Romantik bzw. Kitsch und Sex reden sie über rein gar nichts, was mich auch nur ansatzweise interessieren könnte. Gut, die Beiden sind ein Extrembeispiel, nicht alle weiblichen Wesen in meiner direkten Umgebung sind so. Mit den meisten kann ich auf einer oberflächlichen Ebene durchaus Gespräche führen.

Aber nur auf einer oberflächlichen Ebene und das stört mich. Ich mag kein Smalltalk Bla Bla und noch weniger mag ich es, wenn man mir versucht, etwas vorzuspielen, was man ganz und gar nicht ist. Tut mir leid, aber ich durchschaue diese Maskeraden und Spielchen meist sehr schnell und mich langweilt das, was darunter zum Vorschein kommt, in den meisten Fällen. Ich bin genervt, wenn mir jemand seinen Plan für den nächsten Akt des Stückes "mir geht es so schlecht weil du dich nicht um mich kümmerst" minutiös vor quasselt. Wozu das ganze Theater? Kann man seiner besseren Hälfte nicht einfach sagen "Hey, dein Verhalten verletzt mich, paßt mir nicht" und sich das ganze alberne Getue einfach sparen? Die Lektion hab ich auf die harte Tour gelernt, daß es einfach Zeit spart, auszusprechen was Sache ist anstatt alberne Ratespielchen für den Partner zu inszenieren. Meistens errät der Partner ohnehin nicht, worum sich das Gezicke überhaupt dreht. Doch wehe, ich sag zu dem Theater etwas, dann ist gleich Holland in Not. Ich hab die Angewohnheit, beide Seiten zu sehen bevor ich eine Situation überhaupt beurteile.

Als Beispiel einer der zahlreichen Akte dieses Spiels von letzter Woche. Torsten sitzt vor seinem Rechner und stellt E-Mule ein, damit während seines zwei Wochen dauernden Urlaubs auch hoffentlich alle Stargate Atlantis Folgen (ja, ich weiß, daß das illegal ist) brav auf seinen Rechner herunter geladen sind. Carina und Michaela sitzen am Wohnzimmertisch und Torsten sagt "dauert noch ein paar Minuten, ich muß noch fünf Folgen in die Download-Liste sortieren". So weit, so gut. Ist doch eine klare Ansage. Keine Minute später tönt es schnippisch von der Couch "Kommst du heute überhaupt noch mal zu mir??" Spätestens an dem Punkt hätte ich gefragt, was an der Antwort "Ich brauch noch ein paar Minuten" sie nun nicht verstanden hätte. Torsten in einem Tonfall, den ich persönlich als freundlich bezeichnen würde, "wenn ich fertig bin". Da springt Carina auf und verläßt heulend und Türe schlagend das Wohnzimmer, Michaela mit dem Kommentar "Der Tonfall war ja wohl total daneben!" hinter her. Und so läuft das ständig, bekommt Carina ihren Willen nicht, dann jedesmal dieses Theater. Und warum das Ganze? Wegen zwei Minuten vor dem Rechner sitzen und nicht permanent an ihr kleben, obwohl er drei Stunden später für zwei Wochen mit seinen Eltern in den Urlaub fährt.

Der Herzallerliebste hat es passend ausgedrückt "Ja, sind wir hier im Kindergarten?" Er duldet die Anwesenheit der Beiden, ignoriert sie höflich und macht klar, daß ihre Versuche, ihn zum Verbündeten in dieser Schmierenposse zu machen, ein sinnloses Unterfangen ist. Gute Taktik und je länger ich mir das ansehe, desto mehr tue ich es ihm gleich. Der Satz "macht das untereinander aus, ich mische mich da nicht ein" ist dafür sehr gut geeignet.

Ich mag eben Menschen, die mit sich auch mal kritisch ins Gericht gehen können, die nicht direkt die Tränen kullern lassen wenn sie mich um meine ehrliche Meinung fragen, die ihnen dann nicht in den Kram paßt, die auch mal sagen "hey, so habe ich das noch gar nicht gesehen" anstatt mich gleich ohne Nachdenken in Grund und Boden argumentieren zu wollen, mit denen Austausch möglich ist und die mich nicht dazu brauchen, um ihre vorgefertigten Meinungen zu bestätigen, mit denen ich mich über Bücher und dergleichen unterhalten kann, bei denen man keine Angst haben muß, daß sie es gleich persönlich nehmen nur weil ich eine andere Meinung vertrete und die sich mit mir nicht nur über Shopping, Schuhe, die bösen Männer und Romantik (ich weiß, meine romantische Ader ist anscheinend irgendwo versiegt, ich finde rote Rosen und Herzchen und Kuscheltiere und und und einfach nur kitschig) "austauschen" wollen.

Treffe ich nun einfach mehr Männer als Frauen, mit denen das möglich ist? Es scheint so und irgendwie finde ich das schade. Im Feuer am Waldesrand schreiben zu einem größeren Teil Frauen als Männer (nicht böse sein, ist nicht abwertend gemeint) und auch, wenn es sich dabei "nur" um eine Online-Community handelt, fühle ich mich dort wohl. Das gilt auch für das "Kunst der Feuerweiber" Blog, wo sich ja nur Frauen tummeln. Es mir also so einfach zu machen und zu sagen, die Männer mag ich und die Frauen nicht, trifft es auch nicht wirklich. Mir fehlen wohl einfach Frauen in meinem Umfeld, die ich nicht nur mögen kann sondern die auch ähnlich "ticken". Vielleicht haben andere Frauen einfach Angst vor mir, weil sie mit meinen Interessen nichts anfangen können. Oder wie der Herzallerliebste es im Falle von Michaela charmant wie die Axt im Walde ausgedrückt hat: "Die hat Komplexe in deiner Nähe, weil die strohdoof ist und dir nicht das Wasser reichen kann." Nettes Kompliment von ihm, aber ob es wirklich nur daran liegen soll? Verunsichere ich die Frauen in meinem Umfeld weil ich mir gerne Gedanken mache oder darüber reflektiere, warum ich so bin wie ich bin und wie ich die Welt sehe und meine Sicht und Meinung nicht statisch, sondern das Endprodukt einer ständigen Entwicklung ist? Weil ich lieber über Bücher statt Schuhe rede?

Bis jetzt habe ich das immer als gegeben hin genommen, daß die Gesellschaft vieler Frauen nichts für mich ist. Wer weiß, vielleicht stolpere ich eines Tages über Frauen, die mit mir auskommen und ich mit ihnen. Die in der Nähe wohnen, so daß sich der Kontakt nicht nur auf Internet beschränkt. Wünschen würde ich's mir ... All die anderen Frauen, die ich im Internet kennen lernen durfte: Ich mag und schätze Euch sehr und Ihr würdet mir fehlen, sollten Eure Blogs verschwinden oder Eure Foren-Aktivität gegen Null laufen.

Sonntag, Juli 17, 2005

Die dunkle Gasse

Schön war es gestern. Wir saßen zu acht im Biergarten, vier Männlein, vier Weiblein, und es tat gut, sich mal wieder mit Menschen zu unterhalten, die mich nicht ständig in die komplizierten Spielchen ziehen wollen, die sie mit ihrem Partner veranstalten. Als es allmählich dunkel wurde, streiften wir kurz das Gesprächsthema "Als Frau Nachts unterwegs zu sein" und ich war erstaunt, daß die drei anderen Mädels ungern Nachts unterwegs sind weil sie Angst haben. Für mich ist das nur eingeschränkt nachvollziehbar, allerdings stand mir nicht der Sinn danach, breit darüber zu diskutieren, warum das so ist.

Ich streite auch nicht ab, das es Überfälle auf Frauen gibt und die zum großen Teil irgendwo stattfinden, wo es nicht gerade hell ist und wo einen entweder niemand hören kann oder aber hören will. Als ich nach Hause kam, mir noch einen Tee machte und durchs Fernsehprogramm zappte, blieb ich bei der Anfangsszene eines dieser "Frauenmörder gegen smarten Bullen" Filme hängen (sry, ich hab den Titel vergessen). Ich denke, jeder kennt diese Anfangsszene. Eine hübsche junge Frau geht durch eine dunkle Gasse, ihr Gang ist unsicher, sie preßt ihre Handtasche an sich oder wühlt verzweifelt darin nach ihrem Pfefferspray, kein Mensch ist zu sehen und sobald sie ein verdächtiges Geräusch hört, versucht sie auf ihren hohen Schuhen zu rennen. Wir alle wissen, daß sie ohnehin nicht davon kommt, denn dann wäre der Film ja seinen Aufhänger los. Doch wie weit prägen einen solche Bilder und Nachrichten von sexueller Gewalt, die überall zu passieren scheint? Nähren sie die Angst, sich nach Anbruch der Nacht durch Parkhäuser, Parks, einsame Straßen, dunkle Treppenhäuser zu bewegen?

Wenn ich mal so an meine Jugend denke, ich hatte nie Angst im Dunkeln durch finstere Viertel, dunkle Parks oder schlecht beleuchtete Parkhäuser zu laufen. Ich habe nicht einmal darüber nachgedacht, ob mir vielleicht etwas passieren könnte. Wenn ich Nachts unterwegs bin, dann bewege ich mich vollkommen unbefangen. Ein oder zwei Mal habe ich auch in der Zeitung gelesen, daß in eben diesem Park, den ich die Nacht zuvor durchquert hatte, weil ich zu faul war, einen Umweg von zwei Kilometern zu laufen, eine Frau überfallen oder gar vergewaltigt wurde. Ich laufe aufrecht, ich zucke nicht bei jedem Geräusch zusammen, ich senke den Kopf nicht und ich schaue Menschen, die mir entgegen kommen, direkt an. Meine ganze Körpersprache scheint wohl zu signalisieren "Hey, ich bin aufmerksam, ich habe keine Angst und ich kann mich wehren". Mir ist aufgefallen, daß Männer, die mir Nachts begegnen, einen großen Bogen um mich machen.

Ich bin zuversichtlich, daß mir nichts passieren wird, egal ob die Straße in einem "finsteren" Viertel liegt, das Parkhaus schlecht beleuchtet ist oder der Park dunkel ist. Gut, wenn mir jemand ein Messer oder eine Pistole unter die Nase hält, dann bleibt mir auch nichts anderes übrig, als zu tun was von mir verlangt wird. Doch wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit auf Deutschlands Straßen dafür? Ich lasse mir die Nacht nicht nehmen, ich gehe gerne Nachts spazieren (gerade im Sommer) und sehe nicht ein, warum ich das lassen sollte, nur weil ich nun einmal eine Person weiblichen Geschlechts bin.


Samstag, Juli 16, 2005

Noch ein Feuerweib

Ich habe lange und noch viel gründlicher überlegt, ob ich etwas zur Kunst der Feuerweiber beisteuern kann und soll. Ich bin durch den schattigen Wald gelaufen und habe mich gefragt, ob es nicht vermessen wäre, mich diesem Kreis anschließen zu wollen. Ich habe gemerkt, daß ich Angst hatte, einfach zu sagen "Hey, ich finde Euer Projekt toll und möchte mit machen!" Meine Ängste sind wie Mauern, die mein Innerstes umgeben und mich davon abhalten, einen Blick auf das zu werfen, wovor ich mich eigentlich fürchte. Sie schauen furchterregend aus, diese Mauern. Sie sind hoch, solide und dunkel. Aber nicht unüberwindbar.

Hinter den Mauern lag klein und verschüchtert eine Frage, die Frage danach, ob ich überhaupt weiblich bin. Warum frage ich mich das? Mein Bild von Weiblichkeit wurde von meiner Mutter geprägt, einer sehr starken und dominanten Frau, die es geschickt versteht, Ängste und Sorgen zu verbergen. Ich war nie wie meine Mutter, ich konnte nie so sein und aus Trotz heraus habe ich einen Weg eingeschlagen, der dem genauen Gegenteil der mütterlichen Vorstellung von Weiblichkeit entspricht.

Meine Mutter und ich - da gibt es noch so viel zu heilen und zu verzeihen. Ich bin so lange davor weg gelaufen, habe mich versteckt, wollte das nicht wahr haben. Ich habe Angst vor der Konfrontation mit dieser starken Frau, die ihre Schwächen nicht zeigt und Angst vor dem Alt werden hat. Es ist Zeit für viele Vorhaben, es ist eine Zeit der Änderung, der Konfrontation und der Aussöhnung mit der Vergangenheit. Aber vorher gehe ich mit ein paar Freunden in den Biergarten ;)

Donnerstag, Juli 14, 2005

Das Telekom Puzzle

Ärger, du kannst mich nicht anschmieren,
Ich weiß, daß du schon hinter der nächsten Ecke stehst.
Ärger, du kannst mich nicht anschmieren,
Ich weiß, daß du dir schon wieders Übles überlegst.

© Stoppok


Da habe ich mich gestern noch über meine ureigenen "Musketiere" ausgelassen und mich öffentlich darüber gefreut, daß der ganze Ärger in zwei Wochen mit unserem Umzug ein Ende finden wird, da muß ich feststellen, daß ich mal wieder zu voreilig gewesen bin. Der Ärger findet mich anscheinend auch so. Nun ja, ich muß zugeben, es ist nicht mein Ärger und auch nicht meine Schuld, das tröstet mich wenigstens ein bißchen. Was das nun mit der Überschrift zu tun hat? Na, der Ärger dreht sich um die Telekom - und das, obwohl wir seit Anfang 2003 Arcor Kunden sind (streßfrei übrigens).

Aber beginnen wir am Anfang, wo jede anständige Geschichte schließlich beginnt. Begonnen hat der Tag wie jeder andere auch - ich wurde wach. Das wäre dann aber auch schon die letzte Gemeinsamkeit, geweckt wurde ich nämlich durch einen lauten, dumpfen Knall, der dadurch entstand, daß Karsten mit der Faust durch die Wohnzimmertüre schlug. Da es nun nicht unbedingt normal ist, daß Karsten mit Hilfe seiner Faust unsere Türen durchlöchert, beging ich den ersten kapitalen Fehler - ich fragte, was zur Hölle bitte los sei. Es folgte ein Gestammel, in dem die Worte Gerichtsvollzieher und Telekom vorkamen, aus dem ich aber ansonsten nicht wirklich viel Informatives entnehmen konnte. Nun, da wir immer noch Internet und Telefon haben und nebenbei bemerkt schon seit 2002 keine Telekom-Kunden mehr sind, konnte ich mir darauf keinen wirklichen Reim machen. Erst die Erklärung des Herzallerliebsten brachte Licht ins Dunkel: der Gerichtsvollzieher hatte Karsten einen Besuch abgestattet und eine ordentliche Summe eingefordert, die er der Telekom AG schulden würde. Dieser Betrag wäre noch vom alten Anschluß aus der alten WG in Gladbeck offen.

Da stand er nun, einen nicht definierbaren Ausdruck im Gesicht und schlug mir folgende Aussage um die Ohren: "Du mußt mir helfen, geht das?" So, so, jetzt soll ich ihm also helfen ... Wie er denn ausgerechnet auf mich käme, ich hab schließlich nix mit dem Anschluß aus der alten WG am Hut. "Naja, du kannst besser mit denen allen reden als ich" ... Aha. Ausgerechnet mich fragt er, wo ich doch so egoistisch bin. Um es kurz zu machen, ich hab ihn nicht allzu lange betteln lassen - also bitte, für wen haltet Ihr mich?

Das Ganze war mehr als mysteriös, da die Endabrechnung nach der Kündigung des Vertrages im September 2002 ordnungsgemäß bezahlt worden war. Wie ich aus den Papieren (die alle wüst in einem großen Pappkarton mit jeglicher Post, die er in den letzten fünf Jahren erhalten hat, herumlagen) nach drei Stunden sortieren und abheften erkennen konnte. Was ich allerdings nicht fand, war eine schriftliche Kündigungsbestätigung des Vertrages. Auch die Dame bei der Telekom Hotline, bei der ich nach etlichen Warteschleifen und "Moment, ich verbinde" Ansagen gelandet war, erzählte mir, daß die Endabrechnung korrekt bezahlt und der Vertrag gekündigt worden war. Ist ja schön, aber so korrekt ist das wohl doch nicht gelaufen ... Aus lauter Jux und Dollerei steht nicht plötzlich der Gerichtsvollzieher vor der Tür. Mehr konnte sie aber auch nicht sagen, also wurde ich weiter verbunden in die Geschäftsstelle Recklinghausen, in der all die Daten aus der Umgebung wohl bearbeitet werden. Da hatte ich nicht nur einen sehr freundlichen, sondern auch sehr kompetenten Herren an der Leitung, der mit mir die Rechnungen durch ging und feststellte, daß der geforderte Betrag in der Tat mysteriös und aus den Telekom Akten nicht zu ersehen war. Aus den ihm vorliegenden Rechnungen und Akten ging nicht hervor, daß diese Summe als offen deklariert war und der Vorgang an die Rechtsanwälte weitergegeben worden ist. Allerdings gab er mir den wertvollen Rat, mich an T-Online (da Telekom und T-Online zwei Firmen sind, bei der T-Online Leistungen lediglich über die Telecom AG abgerechnet werden) direkt zu wenden und auch bei den Rechtsanwälten Erkundigungen über die offenen Rechnungen einzuholen.

Bei T-Online bekam ich zunächst nur die Ansage "Im Moment ist unsere Kunden-Hotline ausgelastet, versuchen sie es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal" (ja, warum sind sie wohl überlastet, hmm?), also nagelte ich mir wieder das Telefon ans Ohr und versuchte mein Glück mit den Rechtsanwälten. Siehe da, nachdem er ebenfalls eine Weile Daten in seinen PC gehackt hatte, konnte mir der gute Mann immerhin sagen, daß es sich um offene T-Online Rechnungen handelte ... Also die Gebühr für die Flatrate, nicht für den Telefonanschluß als solchen. Insgesamt gibt es davon vier Vorgänge, zwei sind abgezahlt, einer gerade in der Vollstreckung und einer noch in der Bearbeitung. Es geht im aktuellen Vorgang um die Rechnung der Flatrate bis März 2003 - zu dem die Flatrate samt Telefon schon lange abgemeldet sein sollte (was im Falle des Telefonanschlusses auch der Fall ist) und Karsten schon seit einem halben Jahr in Gelsenkirchen wohnte. Da Karsten intelligenterweise die Fristen hat verstreichen lassen (sprich auf sein Widerrufsrecht verzichtet hat), ist der Vollstreckungsbescheid auch rechtsgültig ... Ich bedankte mich also höflich und legte ein weiteres Puzzlesteinchen ad acta.

Nun ergaben sechs Monate a 29,70 aber noch lange nicht die Summe, um die es im Gesamten ging, sie machte ungefähr ein Viertel der Gesamtforderung aus. Mittlerweile wußte ich also, es ging nicht um die Telefonrechnung, sondern um die Internetrechnung. Ich konnte mir lediglich nicht erklären, wie sich die Summe zusammen setzte, da komischerweise ab September 2002 auch keine Internet-Rechnungen von T-Online vorhanden waren. Wieder Telefon am Ohr und mir von der automatischen Stimme bei der T-Online Hotline eine Frikadelle an die Backe quatschen lassen bis endlich mal jemand frei war. Der erklärte mir dann locker flockig, daß die Flatrate bis August 2004 weitergelaufen ist und dementsprechend auch die Gebühren dafür fällig seien ... Ich dachte, ich höre nicht richtig. Auf die Frage, warum man denn über diesen Zeitraum keine Rechnungen gestellt hätte, bekam ich die sinnfreie Antwort, daß man das ja hätte, aber die Rechnungen mit dem Vermerk "Empfänger verzogen" zurück gekommen seien. Ist ja auch logisch, wenn Karsten und Co seit September 2002 nicht mehr dort wohnen ... Wirklich abgefahren ist dann die Tatsache, daß die Endabrechnung und eine Gutschrift über 10,44 Euro der Telekom an Karstens neue Adresse ging, die der Telekom aber wohl nicht T-Online wohl vorgelegen haben muß.

Mir hat es am Telefon wirklich die Sprache verschlagen. Da berechnet T-Online Leistungen, die sie nicht erbracht haben bzw. die gar nicht in Anspruch genommen wurden (da Vertrag im T-Punkt Gladbeck gekündigt und an unserer jetzigen Wohnung bis vor zwei Monaten auch gar keine DSL Flatrate angeboten werden konnte) für glatte 24 Monate ... Und wundern sich nicht mal darüber, daß ihre Rechnungen zwei Jahre lang mit dem Vermerk "Empfänger verzogen" zurück kommen ... Explizite Nachfrage meinerseits ergab auch, daß diese Flatrate nicht etwa umgemeldet wurde, nein sie lief immer noch auf die alte Adresse. Das nenn ich mal Schlampen im großen Stil.

Dummheit im großen Stil nenne ich dann allerdings die Tatsache, daß Karsten sich nicht einmal gewundert hat, warum plötzlich eine Rechtsanwaltskanzlei im Auftrag der Telekom AG kommt und Geld haben will. Ich mein, wenn ich so einen Schrieb von einer Kanzlei bekommen würde, dann gehe ich doch hin und gucke nach, um welche Rechnung es sich da handelt - oder nicht? Vor allem, wenn man mir im T-Punkt versichert hat, daß a) der Vertrag gekündigt ist, b) die Endrechnung beglichen wurde und c) ich keine einzige von den angemahnten Rechnungen jemals bekommen habe. Nein, stattdessen zahlt er lieber monatelang Raten von 50,- Euro und verschlampt die Mahnbescheide bzw. die Fristen für Widerspruch in der irrigen Annahme, daß die lästige Telekomsache schon lange erledigt sei. Da kann ich mir echt nur an den Kopf fassen und ungläubig die Augen verdrehen. Ganze fünf Stunden und etliche Telefonate hat es mich gekostet, dieses mysteriöse Puzzle zusammen zu bringen. Die beiden Vorgänge, die laut Rechtsanwälten bereits abgezahlt sind, waren ebenfalls T-Online Rechnungen ... Da fällt mir nix mehr zu ein. Hätte ich mir nicht die Mühe gemacht, das Ganze mal aufzudröseln, dann wäre Karsten wahrscheinlich nie aufgefallen, daß er Mahn- und Vollstreckungsbescheide für das Entgelt über eine nicht erbrachte Leistung erhalten hat.

Mal schauen, ich hab den ganzen Kram jetzt sortiert, die ganzen Daten zusammen und für Mittwoch nächste Woche einen Termin bei der Verbraucherzentrale vereinbart. Mal schauen, was deren Anwälte dazu sagen. Rechtlich gesehen sieht es so aus, daß Rechnungen als gelesen und anerkannt gelten, wenn der Briefträger sie in den Briefkasten geworfen hat. Ebenso Mahn- und Vollstreckungsbescheide. Da er die Fristen verpennt hat, sehe ich da keine große Chance, daß er um die Zahlungen herum kommt bzw. sein bereits gezahltes Geld zurück erhält. Da hätte er sich mal drum kümmern müssen bevor das Kind im Brunnen abgesoffen ist.

Warum ich mir den ganzen Streß antue, ihm dabei zu helfen, den Mist wieder gerade zu bügeln? Weil er zum einen mit hoher Wahrscheinlichkeit nie darauf gekommen wäre, was da eigentlich abgelaufen ist und weil ich zum anderen leider kein totales Arschloch bin. Die Ironie an der ganzen Sache: Der Herzallerliebste hat ihn schon Anfang letzten Jahres gefragt, als der erste Mahnbescheid vom Amtsgericht kam, ob er sich sicher sei, daß er die Flatrate auch abgemeldet hätte ... Ja, klar haben wir die abgemeldet, wir waren ja im T-Punkt und nein, an eine schriftliche Bestätigung der Kündigung von Telefonanschluß und Flatrate können sich weder Torsten noch Karsten erinnern. Meine Güte, soviel Naivität auf einen Haufen habe ich schon lange nicht mehr gesehen ... Sehr teure Naivität, wie kann man Mahnbescheide oder Schreiben vom Rechtsanwalt nach kurzem Überfliegen einfach in die Ecke pflastern ohne mal wissen zu wollen, was es damit auf sich hat bzw. welche Rechnungen und für welche Leistungen ich da nicht bezahlt haben soll? Das geht mir wirklich nicht in den Kopf und da muß ich mit dem freundlichen Rechtsanwalt aus Heidelberg leider konform gehen, der mir eben diese Frage auch stellte. Hoffen wir mal, daß ich wenigstens einen Vergleich rausschlagen kann, ansonsten sollte Karsten sich überlegen, mit seiner Kettenraucherei aufzuhören und das Geld an eine Heidelberger Rechtsanwaltskanzlei zu überweisen ...

Die drei Musketiere

Ich zähle die Tage, ganz im Ernst. Nicht nur ich, der Herzallerliebste eben so. Es sind nur noch zwei Wochen bis zum Umzugstermin. Länger würde ich das Kindertheater auch nicht aushalten. Nach diesem lautem Vorfall hat sich hier so etwas wie eine Kriegsfront etabliert und es haben sich neue Verbündete gefunden. Fühlt sich an, als würde ich auf dem Pausenhof einer Grundschule leben ... Die Reaktion darauf? Der Herzallerliebste und ich sind in den Boykott getreten - wir räumen nicht mehr auf, wir gehen nicht mehr für alle (von unserem Geld wohlgemerkt) einkaufen, wir kochen nicht mehr für alle, wir stehen Rücken an Rücken und lassen die anderen machen. Es sind ja nur noch zwei Wochen.

Nachdem nur der Herzallerliebste und ich am Montag bei einem bekannten Pärchen zu Kaffee und mitgebrachtem Kuchen eingeladen waren, was Torsten und Karsten dazu veranlaßte, sich auf den Schlips getreten zu fühlen, schlägt das Imperium zurück. Zu den beiden beleidigten Leberwürsten hat sich Carina gesellt und seit Montag nehmen die Aktivitäten der Drei sprunghaft zu. Nun, auf so Sätze wie "Wir fahren jetzt zu Carina und kochen da ..." oder "Wir gehen jetzt Minigolf spielen ..." reagiere ich nicht, weil es mich nicht sonderlich interessiert. Ich wünsche höchstens viel Spaß, was wohl nicht die erhoffte Reaktion ist, wie man an den Gesichtern der drei Musketiere unschwer erkennen kann. Meine Lieben, wenn ihr mich treffen oder verletzen wollt, dann mal viel Spaß bei dem Versuch ... Ich muß ja anerkennen, es hat etwas amüsantes, wenn man meiner besseren Hälfte die Reste von angebrannten Bratkartoffeln und nicht ganz durchgebratenen Würstchen anbietet und das mit einem demonstrativen Blick in meine Richtung garniert. Schade nur, daß der Herzallerliebste ebenso erkannt hat, was damit beabsichtigt ist. Amüsant, für wie dumm man uns anscheinend hält.

Wie auf dem Pausenhof einer Grundschule: Duhuu hast mir mein Schippchen weggenommen, jetzt nehm ich dir deinen Bagger weg! Ätsch! Ich bin nur leider schon aus dem Grundschulalter raus. Und die Meinung der drei Musketiere über mich interessiert mich herzlich wenig, wenn sie sich nicht einmal trauen, mir in die Augen zu schauen, wenn sie denn mal gezwungenerweise mit mir kommunizieren müssen. Davor haben sie alle drei Angst, sie verkriechen sich lieber irgendwo vor mir und zerreissen sich das Maul. Ohne dabei allerdings zu bedenken, daß es nicht sonderlich intelligent ist, das auf dem Flur zu tun, wenn ich gerade auf der Toilette sitze und Zeitung lese ... Der Schuß geht nach hinten los und gibt mir die Möglichkeit, meine Schlagfertigkeit unter Beweis zu stellen, während ich in aller Seelenruhe an ihnen vorbei ins Wohnzimmer gehe. Beim Lästern erwischt zu werden und obendrein noch einen Kommentar schlucken zu müssen tut weh.

Die Zeiten sind vorbei, in denen ich Magenschmerzen davon bekommen habe, daß es Menschen gibt, die mich offensichtlich nicht leiden können oder nicht den Mut haben, sich mit mir auseinander zu setzen. Ich bin meine ganze Jugend lang ein Außenseiter gewesen und wenn ich aus dieser Zeit eines mitgenommen habe, dann die Erkenntnis, daß es nichts bringt, darauf eingehen zu wollen und sich darüber Gedanken zu machen. Die Menschen, auf die es mir ankommt, sind intelligent genug, um sich ihr eigenes Bild zu machen und lassen sich nicht aufhetzen. Und sie sind mutig genug, mir von Angesicht zu Angesicht zu sagen, wenn ihnen etwas nicht an mir paßt. Die drei Musketiere gehören nun mal nicht dazu, sie prallen einfach an mir ab. Diese Tatsache ärgert sie mehr als mich ihr Verhalten, was mich ohnehin mehr amüsiert als wirklich ärgert. Ich bedanke mich also artig für diese Lachnummer und übe mich noch zwei Wochen darin, den Dreck, die neuerdings zahmen Silberfische im Bad, die überquellenden Mülleimer und sich stapelnden Geschirrberge zu ignorieren während ich mich auf eine saubere, ruhige und schöne eigene Wohnung mit meiner besseren Hälfte freue.

Vielleicht können Torsten und Karsten ja Carina dazu erziehen, den Müll mit runter zu nehmen, hier regelmäßig zu putzen, abzuwaschen und zu kochen. Es ist bestimmt ein Leichtes, ihr das als "Akt der Liebe" schmackhaft zu machen ... Ich lasse mich von den drei Musketieren bestimmt nicht dabei stören, mit meiner besseren Hälfte Pläne zu schmieden und darüber zu diskutieren, wie unsere neue Wohnung irgendwann einmal aussehen soll. In einem Punkt sind wir uns einig: Nie wieder WG mit zwei kleinen Jungs, die nie richtig von Mama losgekommen sind und glauben, es wird ihnen immer jemand hinter her räumen. Viel Spaß beim Aufwachen ...


Mittwoch, Juli 13, 2005

Die Feuerweiber

Ich muß mal ein wenig Werbung machen: Die Kunst der Feuerweiber. Gucken gehen, bewundern und genießen! Ein tolles Gemeinschaftsprojekt von "Feuerweibern", die malen, fotografieren, dichten, reimen und sich mit Weiblichkeit beschäftigen.

In the summertime ...

... when the weather is high ... Gerade hat es gemessene 22 Grad Celsius in der trauten Hütte. Gefühlt sind es eher 30 ... Ich bin nicht geschaffen für diese Hitze, ich fühle mich wie ein verwelktes Gänseblümchen, das sich den nächsten Regenschauer herbei sehnt. Leider macht mir der Wetterbericht nicht viel Hoffnung auf Abkühlung. So um die 22 Grad Celsius tagsüber in der Sonne und eine kleine, frische Brise fände ich ideal, aber leider scheint Petrus mit meinen Gesuchen in Sachen Wetter nur den Aktenvernichter zu füttern.

Sobald das Thermometer über 25 Grad klettert, bin ich nur noch schwer vor die Türe zu kriegen. Dabei war das vor Jahren noch ganz anders, als Schülerin mochte ich den Sommer und die damit verbundenen Ferien. Jeden Tag, egal wie heiß, mit dem Fahrrad ins Heidebad fahren. Den ganzen Tag draußen sein. Abends, sobald es kühler wurde, mit dem Hund lange um die Felder spazieren. Fahrradtouren, Schwimmen, Beach-Volleyball spielen, im Garten grillen oder einfach das reife Obst direkt vom Feld in den Mund pflücken. Was ist passiert, daß mir der Sommer mit diesen hohen Temperaturen neuerdings ein Greuel ist?

Sonntag, Juli 10, 2005

Die inneren Werte?

"Die drei Grazien" von Peter Paul Rubens

Immer wieder taucht in Unterhaltungen und Diskussionen dieses abgegriffene und abgedroschene Schlagwort "aber es zählen doch die inneren Werte" auf. Und ich kann es nicht mehr hören, diesen Unterton von "Du bist zwar nicht unbedingt das schärfste, sexieste, schlankste, heißeste oder tollste Wesen unter der Sonne, aber ...". Es gibt kein Aber, so einfach ist das. Wenn man mir erklärt, daß ich dafür wenigstens äußerst sympathisch und intelligent bin, daß ich mich gut ausdrücken und man mit mir hervorragend diskutieren kann, daß ich eine überaus gute Beobachtungsgabe habe und man mit mir reden kann ohne ein Blatt vor den Mund nehmen zu müssen, dann ist das zwar sehr freundlich, es regt mich nichtsdestotrotz auf.

Manchmal hat es so Tage, da fühle ich mich als wäre ich wieder fünfzehn mit einem Herzen, das vor Freude bis zum Hals klopft, weil dieser oder jener Schwarm auf mich zu kommt, sich mit mir unterhält ... und das nur, um mich nach der Telefonnummer meiner besten Freundin zu fragen. An solchen Tagen könnte ich die Faust im Spiegel versenken, mich in mein Bett verkrümeln und selber bedauern. Dann habe ich den ganz irrationalen Wunsch, daß ich auch so hübsch und schön sein möchte wie all die Grazien aus dem Fernsehen. Daß mir jemand auf der Straße hinter her guckt und pfeift und nicht nur damit beschäftigt ist, sich auszurechnen wieviele Bussitze meine Kehrseite in Anspruch nehmen könnte. Daß mir Shopping Spaß macht und ich nicht nach vier Stunden gefrustet und mit magerer Ausbeute nach Hause komme. Daß ich auf den ersten Blick andere anziehe und nicht immer erst wortreich beweisen muß, daß ich intelligent bin, meine Meinung verständlich zum Ausdruck bringen kann und irgendwie sympathisch rüber komme. Daß ich auch kurze, sexy Röcke anziehen kann ohne mir darin dämlich vor zu kommen.

Und das, obwohl mich die meisten anderen Frauen um meinen ungezwungenen Umgang mit dem anderen Geschlecht beneiden, meine langen, dicken Haare, die sich nie richtig glatt fönen lassen sondern auf ihre natürlichen Wellen bestehen, um mein Talent mit Worten umzugehen und meine blauen Augen. Doch auch das ist kein großer Trost an Tagen, wo ich mich mehr wie eine häßliche Ente fühle, aus der niemals ein großer, schöner, weißer Schwan wird. Dann gehen mir diese Menschen mit ihrem gut gemeinten Hinweis auf "die inneren Werte" auf die Nerven. Was soll das denn sein, diese "inneren Werte"? Die trösten mich auf alle Fälle nicht, wenn ich vom Einkaufen nach Hause komme, frustriert die magere Beute betrachte, mich über dimensioniert fühle und mich frage, seit wann XL so klein geworden ist. Es ist selten, daß mich diese Stimmung überfällt und daß ich der ständigen Berieselung, wie man denn so als fast perfekte Frau auszusehen hat, nachgebe. Weil ich es meistens gut ausblenden kann, daß es diese Ideale in Bezug auf Aussehen eben gibt. Nun, wenigstens kann ich auf hohem Niveau jammern ...


Freitag, Juli 08, 2005

Donnerstag, Juli 07, 2005

London

Normalerweise nehme ich selten bis gar nicht Stellung zum aktuellen Weltgeschehen, weil ich einfach für mich beschlossen habe, daß ich nicht gut darin bin über Politik zu schreiben. Die Spirale der Gewalt hat erneut zugeschlagen und diesmal hat es London getroffen. Ich weiß die aktuelle Zahl der Toten und Verletzten nicht, wahrscheinlich wird sie schon wieder höher liegen als die Zahlen, die um acht Uhr in der Tagesschau bekannt gegeben wurden. Die Bilder schockieren, man fragt sich, wie Menschen zu so etwas fähig sein können, man ist wütend über die Feigheit und die Tatsache, daß es wieder einmal Unschuldige getroffen hat, man ist betroffen und gleichzeitig froh, daß es nicht in Berlin, Hamburg, München oder vielleicht sogar in der direkten Nachbarschaft geschehen ist.

Bilder von Politikern flackern über den Bildschirm, man hört von "Wir lassen uns davon nicht unter Druck setzen", "Wir werden uns von diesen Menschen, die unsere westlichen Werte mißachten, nicht davon abbringen lassen, diese Werte zu verteidigen", "Wir müssen unsere Bemühungen verteidigen", und und und ... Vom "gemeinsamen Schulterschluß gegen den internationalen Terrorismus" ist die Rede, von Solidarität, die überall von Politikern mit ernsten Gesichtern bekundet wird, davon, daß der "Kampf" weiter geführt werden müsse. Forderungen werden laut, das Problem endlich an der Wurzel zu packen, von Wut und Angst kann man in Newsgroups und Foren lesen. Uns wird versichert, daß Deutschland weitestgehend sicher sei, daß man wachsam sei. Doch mal im Ernst, wie will man eine Großstadt gegen einen terroristischen Anschlag schützen? Wie wachsam ist man wirklich? Und was würde uns diese Sicherheit an persönlicher Freiheit kosten?

Spätestens nächste Woche wird der Anschlag Alltag sein, er ist eben passiert und jetzt herrscht wieder Ruhe. Bis zum nächsten Mal. Wer redete denn bis gestern noch von dem Anschlag letztes Jahr in Madrid? Die Bedrohung tritt im Alltag in den Hintergrund, bis wir schmerzhaft wieder daran erinnert werden, daß wir nicht sicher sind und niemand uns völlige Sicherheit garantieren kann. Wie auch? Plötzlich halten wir den Atem an und schauen nach London, während uns ein mulmiges Gefühl überfällt beim Fahren mit der U-Bahn oder mit dem Bus, genauso wie nach dem 11. September die Angst mit im Flugzeug saß. Die Sicherheitsvorkehrungen werden verschärft, doch ich frage mich, was das bringen soll - außer den besorgten Bürger zu beruhigen. Wir können uns nicht schützen, auch wenn unsere Politiker sich kurz von ihrem Wahlkampf abwenden und uns mit markigen Schlagworten das Gegenteil versichern. Mich regen diese markigen Reden und Sprüche einfach auf, ich mag kein inhaltsleeres Gerede. Wer hat allen Ernstes Bush geglaubt, als er verkündete, Amerika würde gegen den Irak vorgehen um die Menschen dort zu "befreien"?

Wir wenden unseren Blick nach London, so wie letztes Jahr nach Madrid, und rufen danach, "das Übel an der Wurzel" zu packen. Ja, welches Übel denn genau? Al Qaida? Den islamischen Fundamentalismus? Den Terror? Es gibt keine einfache Lösung, auch wenn wir uns das wünschen. Es gibt auch keine Lösung, die wir den "bösen" Ländern aufdrücken können. Die einzige Lösung, die einzige Änderung kann nur von den Menschen ausgehen, für die Al Qaida und ähnliche Organisationen angeblich kämpfen. Von Menschen, die in den Ländern leben, wo Al Qaida und Co Unterstützung und Unterschlupf finden und ihre Mitglieder rekrutieren. Diese Menschen müssen dafür einstehen, daß sich die gesellschaftlichen Verhältnisse ändern und auch der Islam mit der Zeit geht, daß niemand sie mehr mittels des Korans machtpolitisch mißbrauchen kann. Daß sie selber entscheiden können, wie sie ihr Leben gestalten wollen und in einem Land leben können, in denen ihre Menschenrechte nicht mit Füßen getreten werden.

Die Wut und die Angst der Menschen in Europa ist verständlich, ebenso wie der Ruf danach "daß endlich etwas getan werden muß". Aber was kann denn getan werden? Was kann man tun, damit sich die Spirale der Gewalt nicht weiter dreht? Al Qaida ist eine reale Bedrohung, gegen die wir uns nicht effektiv schützen können. Sicher, wir können wieder einem Staat im nahen Osten den Krieg erklären, die dortige Regierung absetzen und dafür eine installieren, die uns gewogener erscheint. Doch nützt das was? Wir sind der Feind, der unschuldigen Menschen Bomben auf den Kopf wirft. Unsere "Gegenmaßnahmen" sind perfekte Objekte für Propaganda, die den Keil noch tiefer treibt und die Menschen gegen uns aufbringt, dem Fanatismus und dem Haß noch mehr Nahrung gibt und Rechtfertigung für weitere Terroranschläge liefert. Weitere Terroranschläge führen zu mehr Krieg? Die Spirale der Gewalt hat sich erneut gedreht?

Diese Anschläge sind feige und sie treffen dort, wo wir verwundbar sind. Sie säen Schrecken und Angst. Sie töten und verletzten Unschuldige. Wir fragen anklagend "Warum?" Menschen anderen Menschen das antun können. Haben Terroristen kein Gewissen, keine Familie, keine Freunde? Was sind das für Menschen, die anderen, die ihnen nie etwas getan haben, so etwas antun können? Wir können uns nur sehr, sehr schwer vorstellen, was uns dazu treiben würde, uns eine Bombe um den Bauch zu binden und uns an einem belebten Platz selber in die Luft zu sprengen. Doch was ist, wenn man unsere Familien, unser Zuhause, unsere Freunde, unser Leben bedroht? Wenn uns jeden Tag erzählt werden würde, daß die USA, Großbritannien, Spanien, Deutschland oder welches Land auch immer, unseren Glauben und unsere Art zu leben vernichten will? Wenn wir aufwachsen in einer Gesellschaft, in der andere Werte gelten. In der Frauen mancherorts den Tod fürchten müssen wegen eines Kusses oder weil sie einer Tochter das Leben geschenkt haben. In der wir nicht selber entscheiden dürfen, was oder an wen wir glauben? In der einige wenige Menschen ein uraltes Buch mit veralteten Vorschriften dazu mißbrauchen, ihre Mitmenschen zu unterdrücken und mit Angst und Terror regieren? In der Mütter stolz verkünden, daß es für sie eine Ehre wäre, würde der geliebte Sohn im "Heiligen Krieg" fallen. In der die geliebten Söhne schon von Kindesbeinen an lernen, daß Frauen Menschen zweiter Klasse sind. In der es tödlich sein kann, wenn die eigene Meinung von der des Regimes abweicht? In der Tod und Folter drohen, wenn man sich nicht an die Gesetze hält? In der man weisgemacht bekommt, daß nur durch "Heiligen Krieg" die Familie und das Land geschützt werden kann? In der ein gefallerner Kämpfer im Heiligen Krieg in den Himmel kommt, ein Märtyrer ist? Hatten wir nicht auch in unserer eigenen Geschichte eine ähnliche Zeit?

Jede Münze hat zwei Seiten. Unsere Seite ist die der Angst, der Wut, der Betroffenheit und der Frage, wie und ob wir uns schützen können. Auf der anderen Seite stehen Menschen, die in einen "Heiligen Krieg" ziehen, die von anderen mißbraucht werden damit alte, verkrustete Strukturen aufrecht erhalten werden können, damit Machtinhaber auch weiterhin Machtinhaber bleiben können. Ich kann mir nur sehr schwer vorstellen, wie sehr man einen Menschen in seinem Denken derart beeinflussen kann, daß er sich selber tötet in dem Bestreben, möglichst viele Menschen dabei mit in den Tod zu reißen. Unsere Politiker reden vom "Kampf gegen den Terrorismus", die Gegenseite von einem "Heiligen Krieg". Wer hat Recht? Und was ist zum Beispiel mit den Muslimen, die ebenso bestürzt und betroffen sind wie wir auch? Die vielleicht nie aussprechen würden, daß sie diese Anschläge verurteilen, weil sie dann um ihr eigenes Leben fürchten müßten?

Auch ich blicke mit Bestürzung und Betroffenheit nach London und bin gleichzeitig dafür dankbar, daß ich in einem Land aufwachsen durfte und leben darf, ich dem ich kein Mensch zweiter Klasse bin. In dem ich auch als Mädchen die Schule besuchen darf. In dem ich die Möglichkeit habe, mir einen Beruf zu erwählen. In dem ich frei entscheiden darf, an was oder wen ich glaube. In dem ich Kritik äußern darf ohne um mein Leben fürchten zu müssen. In dem ich den Führerschein machen darf. In denen mir niemand Bomben auf den Kopf wirft weil meine Regierung die Menschenrechte mißachtet (oder reiche Ölvorkommen hat ...). In dem ich mich anziehen kann wie ich möchte. In dem ich eine eigene Meinung haben und vertreten darf.

Die Spirale der Gewalt wird sich weiterdrehen und es sieht nicht so aus, als ob wir sie aufhalten können. Was können wir auch tun, damit der nächste Anschlag nicht einer unserer Großstädte gilt? Wie können wir eine veraltete und fundamentalistische Denkweise entschärfen, die den Nährboden für solchen Haß gibt ohne die Gewaltspirale weiter zu drehen? Uns zwar distanzieren und protestieren, wenn unsere näheren und weiteren Nachbarn wieder in einen Krieg ziehen? (Obwohl, ich war damals regelrecht stolz, daß unsere Regierung den Irak-Krieg trotz Mißfallens der Amerikaner ablehnte und sich daran nicht beteiligte). Es gibt nichts, daß ich tun kann, um Al Qaida und Co den Nährboden zu entziehen. Auch unsere Politiker scheinen nicht recht zu wissen, wie das gehen soll. Und das macht mich genauso betroffen und nachdenklich wie die Bilder aus London ...

Mittwoch, Juli 06, 2005

Ausgeschlafen, was ist das?

Hmpf, es ist gerade mal halb sechs in der Früh und nach viel zu wenig Schlaf hat mich ein ohrenbetäubendes Scheppern aus der Küche aus meinen Träumen gerissen. Torsten hat aus der Lieblingstasse des Herzallerliebsten viele hübsche kleine Mosaiksteinchen gemacht. Wie er das wieder geschafft hat, ist mir ein Rätsel. Ich hatte sie in die Spüle gestellt und Torsten weiß, daß meine bessere Hälfte es haßt, wenn man Kakao in seinem Kaffeepot macht. Da Torsten seit dem Zwischenfall am Sonntag auch nicht mehr mit mir redet (es ist ja schließlich auch schwer, die Zähne zu einem "Guten Morgen" und Konsorten auseinander zu kriegen) und sich dem Geschmolle seiner Freundin Carina angeschlossen hat, standen wir also in der Küche und schwiegen uns an. Dieses Schweigen wurde erst gebrochen, als ich meine Putenbrust-Wurst in seiner Hand sah. Die habe ich mir gestern vom Einkaufen mitgebracht, eine der wenigen Sorten von Wurst, die ich überhaupt esse, und da hatte ich Appetit drauf. Da ich ebenfalls genug Salami und Bierschinken und Knoblauchwurst und Fleischwurst und weiß der Henker was noch mitgebracht habe und ich nicht ganz einsah, warum man mir diese Besonderheit, die ich mir alle zwei Monate mal gönne, nun auch noch wegessen muß, habe ich ihm die Packung einfach mit den Worten "Ich habe genug Wurst für Euch mitgebracht, das hier ist meine" aus der Hand genommen.

Und, oh Wunder, es kann ja tatsächlich sprechen beziehungsweise sich darüber aufregen, was mir denn einfallen würde, ihm vorzuschreiben, was er essen dürfe und was nicht. "Ich hab sie bezahlt, hergeschleppt und genügend andere Wurst für euch mitgebracht, also laß einfach die Finger davon". Fand er egoistisch, das Argument. Sicher, wir haben jetzt den sechsten Juli und weder Torsten noch Karsten waren bis jetzt auch nur einmal einkaufen oder haben wenigstens Geld dafür gegeben. Ergo, Klappe halten und Pfoten weg von meinen Leckerlis.

Wo ich gerade beim Einkaufen und Geld bin, heute hat meine bessere Hälfte die gute Nachricht von der Agentur für Arbeit bekommen, daß man ihm zu wenig Geld gezahlt hat weil die Berechnung nicht stimmte. Jetzt steht eine Nachzahlung von fast 1.000,- Euro an, gerade im richtigen Moment. Plus, er kann Umzugsgeld beantragen. Die frohe Nachricht teilte er mir allerdings erst mit, als ich entnervt wieder ins Bett stiefelte, jedoch nicht ohne mein Leckerli im Kühlschrank hinter dem Gemüse zu verstauen. Etwas perplex aus der Wäsche guckend fragte ich, warum er mir das erst jetzt mitteile. "Na, ich hab keine Lust, daß die anderen das mitkriegen und die dann meinen, sie müssen jetzt gar nix mehr fürs Essen beisteuern," war seine trockene Antwort, die ich mit einem breitem Grinsen erwiderte.

Die Tatsache, daß wir ausziehen werden, stößt Karsten und Torsten ohnehin sauer auf. Kein Wunder, dann erhöht sich ja automatisch die Miete für die Beiden. Marc sieht das Ganze gelassen, aber ihn stört das auch nicht großartig. Er verdient ja auch nicht schlecht und ihn werden die paar Euro mehr im Monat weniger stören als die ständig steigenden Spritpreise. Und da ich spätestens ab dem ersten August wieder arbeiten werde (hängt davon ab, wie lange das Gesundheitsamt mich auf einen Termin zwecks Gesundheitszeugnis warten läßt) und auch der Herzallerliebste im Herbst als Küchenmonteur anfängt, werden wir genug Geld zum Leben haben ohne wie bisher jeden Cent dreimal umdrehen zu müssen. Wohingegen Torsten lieber vor dem PC sitzt und jammert, weil die Agentur für Arbeit ihm eine zweite Umschulung verweigert nachdem er die Erste abgebrochen hat und Karsten sich auf den Standpunkt stellt, er wolle doch bitte an die 1.200,- Euro netto mindestens verdienen (Hallo? Wir sind hier im Ruhrgebiet, wo die Arbeitslosenquote teils bei 20% liegt und dann als ungelernte Kraft soviel verdienen wollen ...). Da werden sie wohl demnächst ihre Cents mehr als nur einmal umdrehen müssen. Verständlich, daß sie unser Auszug und unsere Freude darüber alles andere als begeistert. Neid macht keinen Spaß, Jungs.

So, ich werde jetzt versuchen, noch ein Stündchen zu schlafen, bevor ich das Gesundheitsamt terrorisiere, beim Bürgeramt meiner verloren gegangen Lohnsteuerkarte hinter her fahnde (die mir angeblich per Post geschickt werden sollte), Paßfotos machen lasse und mich mit meiner Sachbearbeiterin der Agentur für Arbeit darüber auseinander setze, warum man meiner Krankenkasse nicht mitgeteilt hat, daß ich a) arbeitslos bin und b) die gar nicht wissen, daß folglich auch die Agentur für Arbeit meine Krankenkassenbeiträge bezahlen sollte. Ach ja, und meine Krallen sollte ich vorher schärfen und den Satz "Dann geben Sie mir doch bitte den Namen Ihres Vorgesetzten ..." werde ich auch noch entstauben.

Dienstag, Juli 05, 2005

Grummel

Find ich gar nicht lustig, mir kommen Blogeinträge abhanden ... Entweder liegt es an dem neuen Feature von Blogger, mit dem man Bilder (angeblich) direkt hochladen kann ohne den Umweg Hello zu bemühen oder aber jemand hat den Account gehackt - was ich mal nicht hoffen will. Schließlich ist das Passwort für den Account nirgendwo gespeichert, die Seite taucht nie im Verlauf auf (weil gelöscht) und schon mal gar nicht bei meinen Lesezeichen. Mal sehen, ob das Passwort ändern was bringt und meine Beiträge jetzt da bleiben wo sie hingehören - in mein Blog ... Oder ob das Upload Images Feature gebugged ist. Wäre ja nicht der erste Bug hier ...

Seelentherapie

Kommst du manchmal mit der Welt nicht klar, weil du sie nicht verstehst?
Und du denkst, daß du nichts tun kannst, auch wenn du alles ändern willst?
Möchtest du dir mit Seife den Mund ausspül'n,
wenn du merkst, dass du dich selbst belügst?
Macht es dich krank einfach nur daneben zu steh'n und diese Heuchelei zu seh'n,
weil du dir alleine keine Chance gibst, gegen den Strom zu schwimmen?
So ganz alleine bist du nicht, weil es auch mir genauso geht.

Los, wir verbünden uns gegen alles, was uns nervt,
gegen die ganze Dummheit, die uns ständig widerfährt,
gegen Oberflächlichkeit und leeres Geschwätz
und die Langeweile, die uns Stück für Stück zersetzt.
Alles, was wir brauchen, ist Liebe auf Rezept.
Gib' mir dein Vertrauen und halt dich an mir fest.

Wir kurieren uns gegenseitig, so gut wie's eben geht,
legen uns auf eine Couch und machen's uns bequem.
Hier ist die Oase, die man immer wieder sucht,
auf der Reise durch die Wüste, durch die jeder von uns muss.
Wir erzähl'n von unseren Sorgen, unserer Trauer und der Wut,
genießen dieses Rollenspiel und hören uns gut zu.

Ich heile dich, wenn du mir dein Herz schenkst.
Und du heilst mich, wenn ich in deinen Armen bin.

Wir tauchen in unsere Seelen ein und wühlen dort nach Dreck.
Wir ziehen uns voreinander aus und brauchen kein Versteck.
Wir deuten unsere Träume in unserer Therapie
und arbeiten mit uns an unserem Selbstwertgefühl.
Machen uns zu unseren Eltern, zum Teufel oder Gott.
Wir lassen alle unsre Lüste und Launen an uns aus.

Ich heile dich, wenn du mir dein Herz schenkst.
Und du heilst mich, wenn ich in deinen Armen bin.

In unsrer Seelentherapie sind wir Doktor und Patient.

© Die Toten Hosen "Opium fürs Volk"

Ich weiß nicht mehr, wie lange ich dieses Lied nicht mehr gehört habe. Doch seltsamerweise wurde es heute genau in dem Moment gespielt, als ich die E-Mail eines Freundes las, auf dessen Situation dieser Song wie maßgeschneidert paßt. Ich denk an Dich, mein Lieber.

Sonntag, Juli 03, 2005

Der Eremit - der Einsame?

Diese Karte lief mir heute über den Weg, als ich (noch) ungestört auf dem Balkon saß und mit Hilfe meiner Tarotkarten ein wenig nachdachte und Gedankenspiele durch ging. Der Eremit, mit ihm könnte ich mich im Moment durchaus anfreunden. Ich merke das schon seit einigen Tagen, mir ist immer mehr nach Rückzug zumute, nach Stille und Nachdenken, nach Beschäftigung mit mir selber oder Diskussionen, die sich nicht nur darum drehen, ob das Mädel auf dem Balkon des Nachbarhauses jetzt ein "geiles Gestell" hat oder nicht. Ich reagiere allergisch auf pubertäres Gekicher über Kalauer, die einen so langen Bart haben, daß man in fünf Meter Entfernung noch darauf treten kann. Ich ertrage dieses Laute und Aufdringliche um mich herum momentan schlecht bis gar nicht und ich sehe keinen Sinn darin, den Mund aufzumachen um Nichtigkeiten und Belanglosigkeiten loszuwerden.

Wenn mich die Einsamkeit meiner Jugend eines gelehrt hat, dann aus dem Alleinsein etwas Positives zu machen, die Zeit mit sich selber zu nutzen und das Ungestört sein zu genießen. Mir fällt das immer mehr auf, viele Menschen können nicht mehr mit sich selber alleine sein, gerade so als ob sie Angst vor sich selber haben. Alleinsein und Einsamkeit sind zwei Begriffe, die sehr oft in einem Atemzug verwendet werden und die für viele ein und dasselbe aussagen. Für mich aber haben diese zwei Begriffe zwei gegensätzliche Bedeutungen. Einsamkeit heißt für mich das Gefühl, mit dem ich eine Situation, in der ich bin (nämlich alleine sein) negativ bewerte. Was ich meine ganze Jugend lang getan habe. Mal mehr, mal weniger. Einsamkeit ist für mich der Schmerz darüber, daß es niemanden gab, dem ich mich nahe und verbunden gefühlt habe. Dieses Gefühl, diesen Schmerz, fühlt man nicht nur, wenn man alleine in seinem Zimmer sitzt, er kann auch mitten in der größten Menschenmasse über einen herfallen. Alleinsein dagegen ist, rein vom Begriff ausgehend, eine neutrale Beschreibung einer Situation - ich bin anwesend und sonst kein anderer Mensch. Für mich ist Alleinsein (können) etwas, daß ich bewußt wähle, um zu mir zu finden, um abzuschalten, um nachzudenken, um neue Kraft zu schöpfen, mich ungestört mit Schreiben, Lesen, Basteln, Musik hören zu beschäftigen oder einfach nur das Zwitschern der Vögel im Wald zu genießen ohne jemanden an meiner Seite zu haben, der mir die Ohren heiß quatscht.

Seltsamerweise bin ich meist von Leuten umgeben, die diese Auffassung von Alleinsein für sehr schrullig halten. Menschen, die Einsamkeit und Alleinsein im gleichen Atemzug nennen und verlernt haben, daß es auch schön sein kann, mal niemanden um sich herum zu haben. Gut, dann bin ich gerne schrullig, aber meine Auszeiten von menschlichen Kontakten und meine "Verabredungen mit mir selber" lasse ich mir nicht nehmen. Der Einzige, der von Anfang an verstanden hat, wie sehr ich das manchmal brauche, und dem ich nicht erst wortreich erklären muß, was ich damit meine, war der Herzallerliebste. Auch er braucht seine Auszeiten, die ihm gegönnt seien. Er beschäftigt sich zwar mit anderen Dingen als ich, aber das Grundprinzip ist das Gleiche.

So sehr ich das Alleinsein auch genießen gelernt habe und irgendwann die Erkenntnis gewonnen habe, daß ich die Einzige bin, die meine Probleme lösen kann, so sehr werde ich immer wieder mit Menschen konfrontiert, die Angst vor sich selber haben und ihre Probleme gerne von anderen gelöst hätten. Ich laufe anderen nicht hinterher, ich frage höchstens "Wie geht es Dir?" und lasse meinem Gegenüber somit die Möglichkeit, mir entweder die Floskel "Gut, und selber?" um die Ohren zu hauen oder aber mir zu sagen, wo der Schuh drückt. Und ich bekomme oft zu hören, wo der Schuh drückt. Ich kann wirklich nicht sagen, woran es liegt, daß sich Menschen mir gegenüber öffnen und mich um Rat bitten oder gar der Meinung sind, ich könne ihre Probleme für sie lösen. Oft sind das Menschen, die ihre Zeit lieber damit verbringen, sich stundenlang über Nichtigkeiten mit Leuten, die sie eigentlich nicht wirklich mögen, auszutauschen. Die sich langweilen wenn sie alleine sind, die mit ihrer Zeit nichts anzufangen wissen, die ihre Probleme einholen wenn kein anderer Mensch um sie herum ist und die nicht verstehen, was ich daran finde, zum Beispiel ganz alleine spazieren zu gehen.

Ich schenke diesen Menschen meine Zeit, meine Aufmerksamkeit, mein Verständnis und mir ist klar, daß es sich hierbei nicht um ein Tauschgeschäft handelt - dann würde ich dafür Geld nehmen. Mich ärgert es nicht, wenn sie mich nicht anrufen, um mich zu fragen, was ich mache oder ob ich vielleicht Lust auf gemeinsame Unternehmungen habe. Freundschaften sind etwas, was man pflegen muß. Ich nenne sehr wenige Menschen meine Freunde, werde jedoch von vielen als Freundin bezeichnet. Ob ich eine Freundin bin, weiß ich nicht. Viele, die mich so nennen, haben so viele Freunde, daß sie schon unter Streß geraten bei der Entscheidung, mit wem sie jetzt die Zeit totschlagen sollen. Vielleicht ist es in der Tat ein ausgeprägtes Helfer-Syndrom, aber meine Tür ist für niemanden verschlossen. Ich lasse sie zu mir kommen und auch wieder ziehen, wenn sie mich nicht mehr brauchen.

Früher habe ich mich geärgert, wenn man "vergessen" hat, mich zu Geburtstagsfeiern und ähnlichem einzuladen. Wenn man mich "aus der Schublade" geholt hat, wenn man mich brauchte, und dann wieder zurücklegte. Wenn man mich als Mülleimer für Probleme gebraucht hat ohne mir mal "Danke, daß du mir zuhörst" zu sagen oder wenigstens zu zeigen. Irgendwann habe ich begriffen, daß man nicht immer etwas zurück bekommt. Die einen mögen von mir nehmen, doch dafür bekomme ich eben von anderen etwas. Sei es, daß mir jemand über den Weg läuft, der meine Ansichten teilt, der meine Marotten akzeptiert ohne mich ändern zu wollen, der mir Zuneigung schenkt, der mit mir Gespräche führt, die zum Nachdenken anregen und aus denen ich etwas mitnehme, der mich in seine Seele blicken läßt oder der vielleicht einfach nur mit mir schweigen und Stille genießen kann. Die Menschen, bei denen ich das Gefühl habe, Geben und Nehmen hält sich in der Waage, diese Menschen nenne ich meine Freunde. Einige davon sehe ich vielleicht einmal im Jahr, wenn überhaupt. Doch über Telefon und Internet stehe ich in Kontakt mit ihnen, kommuniziere mit ihnen, gewähre Einblick in mein Selbst und bekomme von ihnen Ansichten von außen wenn ich Probleme habe.

Diese Menschen wissen, wer sie sind und wenn sie hier mitlesen: ich sehe Euer Schmunzeln. Ich bin dankbar dafür, daß es Euch gibt. Die Tatsache, daß es Euch in meinem Leben gibt, verhindert, daß ich mich einsam fühle. Auch wenn ich alleine bin und Ihr viele Kilometer von mir entfernt lebt, ich weiß, daß ich auf Euch bauen kann, so wie Ihr auf mich bauen könnt.

Ich bin kein "einsamer Eremit" und so habe ich diese Karte auch nie interpretiert. Für mich ist sie ein Zeichen, daß es Zeit für einen Rückzug ist bevor mich das ständige Nehmen anderer ausbrennt. Besinnung auf sich selber, auf die eigenen Interessen, Beschäftigung mit mir, Nachdenken, kreativ sein. Ich freue mich darüber und finde nicht, daß ich damit egoistisch handle. Was ist mit den Leuten, die vor meiner Türe stehen und mich brauchen? Nun, die Türe ist nach wie vor offen, doch ich bin gerade nicht da. Da hängt das "Gone Fishing" Schild an der Tür. Entweder, sie gedulden sich oder aber ziehen weiter, das bleibt ihnen überlassen. Ich zwinge niemanden, mit mir zu reden und mir sein Herz auszuschütten. So neugierig bin ich nicht, daß ich über alles, was im Leben anderer vor sich geht, informiert sein muß. Ich finde mein eigenes Leben spannend genug.

Freitag, Juli 01, 2005

Etwas fehlt

Ich habe mir einen komischen Rhythmus angewöhnt ... Ich schlafe drei Stunden tief und fest, bin drei Stunden wach und schlafe dann noch einmal drei, manchmal sogar vier Stunden. Warum das so ist? Keine Ahnung. Was ich dann mit meiner nächtlichen Freizeit anfange? Mal abgesehen davon, daß ich mehr oder weniger sinnige Blogeinträge verfasse? Kluge Bücher lesen, durchs Internet surfen auf der Suche nach philosophischen Texten, wach liegen und mich fragen, was mir genau im Moment eigentlich fehlt.

Woran es mir keineswegs fehlt, daß sind Menschen, die mich zu ihrer kostenlosen Therapeutin erkoren haben. Ich kann mich verstecken, wo ich will - abschütteln kann ich sie nicht wirklich. Menschen, die jemanden brauchen, der ihnen zuhört, Mut zuspricht, eine Schulter zum Ausweinen hat, dem man seine Entscheidungen aufbürden möchte und der einen stattdessen daran erinnert, daß man bereits alles erforderliche hat, um sie selber zu treffen. Menschen, die nicht wissen, wohin mit sich und ihrer Freizeit, die verlernt haben, alleine sein zu können, die manchmal jemanden brauchen, der ihnen ins Gewissen redet. Ich hab diese Menschen gern und es stört mich nicht, mir ihre Probleme anzuhören. Zu unterscheiden, was ist deren Problem und wo liegen meine eigenen Ängste und Sorgen, verschafft mir die nötige Distanz, die ich brauche. Ich mache mir anderer Leute Probleme nicht zu meinen eigenen. Ich bin eben einfach da wenn man mich braucht. Wer mich sucht, der findet mich auch.

Doch manchmal habe ich diese Menschen satt. Dann möchte ich nicht dazu verdammt sein, zu zu hören und mir während dessen zu überlegen, was ich sage und wie ich es sage. Manchmal möchte ich irgendwo mit jemandem sitzen, in Ruhe Tee trinken und reden. Darüber, wie andere die Welt sehen, empfinden. Darüber, was sie im Leben für wichtig halten. Diskutieren über Themen, die mich zum Nachdenken anregen. Gespräche, aus denen ich etwas mitnehmen kann.

Austausch, das ist es, was mir fehlt. Menschen, die mir Zeit lassen, zu überdenken was sie gesagt haben bevor eine Antwort erwartet wird. Menschen, mit denen man über tiefgehende Dinge diskutieren kann. Die Menschen, mit denen ich das kann, sind nicht nur über ganz Deutschland, sogar über ganz Europa verteilt. Tirol, Schweden, England, Belgien ... Ich vermisse diese Menschen in meinem direkten Umfeld - mal mehr, mal weniger. Im Moment wohl etwas mehr. Alles, was bleibt, ist der Austausch über E-Mail, Chat und Telefon. Doch alleine dabei Tee trinken und die Tastatur quälen läßt eine Sehnsucht, die sich im Moment nicht stillen läßt.

Der Einzige in meinem direkten Umfeld bleibt der Herzallerliebste, aber er kann nur seinen Teil der Lücke füllen. Er ist nur eine andere Sicht von den vielen, die ich brauche. Er weiß das, ebenso wie er weiß, daß ich ab und zu das mit mir alleine sein brauche. Das es nicht böse gemeint ist, wenn ich seine Begleitung beim Spazieren gehen ablehne. Ich wünsche mir manchmal, ich könnte all die Menschen, die mit mir über Internet und Telefon kommunizieren, für einen Abend um mich versammeln. Klingt es arrogant, wenn ich mir einen Abend unter meinesgleichen wünsche?